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Berlin: Hadsch-Pilger und der Streit ums Schächten Wie türkische Blätter ihre Leser auf das diesjährige Opferfest einstimmen

Es ist wieder so weit. „Hadsch-Kandidaten wurden verabschiedet“, schrieb die Hürriyet in einer Überschrift ihrer Europa-Ausgabe am Dienstag.

Es ist wieder so weit. „Hadsch-Kandidaten wurden verabschiedet“, schrieb die Hürriyet in einer Überschrift ihrer Europa-Ausgabe am Dienstag. Dazu zeigte die Zeitung ein Foto, auf dem eine Gruppe von türkischen Pilgern mit ihren Angehörigen zu sehen war, die auf dem Weg nach Mekka in Saudi-Arabien Station machten. Das war so ziemlich der einzige Hinweis dieser Zeitung darauf, dass in Deutschland die Wallfahrtssaison der Muslime wieder auf Hochtouren läuft. Laut dem Koran soll jeder Moslem einmal im Leben an der Hadsch (also an der Reise zum Pilgerort) teilnehmen, sofern er über die nötigen Finanzmittel verfügt. Auch aus Berlin werden in jedem Jahr mehrere hundert Muslime von den Moscheevereinen und ihren Angehörigen in Richtung Mekka verabschiedet.

In der liberaleren Milliyet fehlte dieses Thema ganz. Einzig die religiöse Türkiye zeigte täglich auf ihrer Titelseite ein Bild aus Mekka, das die Menschenmassen während der Rituale in den heiligen Städten des Islams zeigte. Den Abschluss dieser Pilgerfahrt bildet das islamische Opferfest, das am Dienstag gefeiert wird. An diesem Tag schächten die Gläubigen Schafe und andere Tiere, um an das Opfer Abrahams zu erinnern – das heißt: Sie schneiden die Kehle ohne Betäubung durch. So forderten die Muslime in Deutschland in diesem Jahr erneut, das Schlachten auch ohne die hierzulande vorgeschriebene Elektroschock-Betäubung endlich zu erlauben.

Ende 2004 gestattete ein deutsches Gericht erstmals einem muslimischen Metzger, dass er kleinere Tiere wie Schafe schächten darf. Karl Ihmels, der Landrat des Lahn-Dill-Kreises in Hessen, hat jedoch vor kurzem gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel Revision eingelegt. „Schockierender Trotz gegen Schächten ohne Schock“, kommentierte die Hürriyet und zeigte ein Foto von dem angeblichen Trotzkopf.

Zwar hatte der Verwaltungsgerichtshof sich bei seinem Urteil auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gestützt und deshalb die Revision ausgeschlossen. Doch der Landrat beruft sich nun auf das zwischenzeitlich im Grundgesetz verankerte Staatsziel „Tierschutz“. Aus diesem Grunde hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt die Revision zugelassen. Offensichtlich sieht es hier noch Klärungsbedarf.

Suzan Gülfirat

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