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Berlin: Haft für grausame Eltern

Elf Jahre für Mutter des zu Tode gequälten Yannick, neun Jahre für ihren Freund

In den letzten drei Wochen seines Lebens erlebte der Yannick „die Hölle auf Erden“ – anders wollte Richter Lutz Lange nicht formulieren. Der Dreijährige wurde gedemütigt, gebissen, getreten, gequält, weil er für den neuen Freund seiner Mutter – einen Studenten der Sozialpädagogik – immer mehr zum „Störfaktor“ geworden sei. So urteilte das Landgericht Berlin, das am Dienstag Yannicks Mutter und ihren Lebensgefährten des versuchten Mordes und der groben Misshandlung schuldig sprach. Gegen die 27-jährige Anja W. wurde eine Haftstrafe von elf Jahren verhängt, gegen den 19-jährigen Mathias P. eine Jugendstrafe von neun Jahren.

Der Richter listete die Grausamkeiten noch einmal auf. Weil der dreijährige Yannick nicht schnell genug beim Anziehen war, setzte es Schläge. Weil er sich nicht richtig gut ausdrücken konnte, wurde er brutal gebissen. Als er nach Schlägen bereits schwer verletzt war und nicht essen wollte, wurde er in eine Wanne mit kaltem Wasser gesetzt. Mathias P. befahl ihm, den eigenen Urin vom Fußboden aufzulecken.

Als Yannick in einer Nacht eine neue Windel verlangte, sei es zur schlimmsten Misshandlung gekommen, sagte der Richter. Mathias P. habe Boxhandschuhe geholt und Yannicks fünf und sieben Jahre alten Brüder aufgefordert, kräftig auf ihn einzuschlagen. Immer auf den Kopf. Auch Anja W. musste sich beteiligen. Schließlich habe Mathias P. noch mindestens 15 Mal auf den Kleinen eingeschlagen. Obwohl Yannick nach dieser Nacht nur noch taumelte und sich ständig übergab, holten die Angeklagten keinen Arzt. „Sie erkannten, dass er sterben könnte. Sie fanden sich mit dem möglichen tödlichen Ende ab“, hieß es im Urteil: Mordversuch durch Unterlassen. Mord konnte den Angeklagten nicht nachgewiesen werden.

Die Richter erklärten die Untaten mit den Lebenswegen der Angeklagten. Anja W. hatte ihren neuen Freund in der Kita ihrer Kinder kennen gelernt, wo er als Praktikant arbeitete. Von Yannicks leiblichem Vater hatte sie sich kurz zuvor getrennt. Die Kinder fassten Vertrauen zu dem jungen Mann mit den femininen Gesichtszügen. Bereits nach einer gemeinsamen Nacht zog er, der unbedingt sein Elternhaus verlassen wollte, zu Anja W. „Beide wollten einen neuen Partner finden“, sagte der Richter. Und Mathias P., ein Mann, der gern im Mittelpunkt stehe, habe sich berufen gefühlt, die Erziehung der drei Kinder zu übernehmen.

Doch als sich der Student überfordert fühlte, seien seine Strafen immer drakonischer geworden. Yannick wurde zum Objekt seiner Aggression, und wenn der Junge bei der Mutter Schutz suchte, wurde P. nur noch wütender. Die konfliktscheue Anja W. habe die Misshandlungen geduldet, weil sie ihren neuen Freund nicht verlieren wollte. Beide hatten sich angesichts des schwer verletzten Yannick darauf geeinigt, keinen Arzt zu holen. Weil sie sich „nicht die Zukunft versauen wollten“, so Mathias P.

Kerstin Gehrke

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