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Berlin: Haft für Nazi-Tattoo

Polizist hatte SS-Totenkopf auf Schädel eines 26-Jährigen erkannt

Der kahl geschorene Angeklagte lächelte. Trotz der Hitze hatte er den Kragen seines dicken Pullovers hoch geschlagen. „Ist nichts zu sehen“, sagte er mit überheblichem Tonfall. Der 26jährige Michael K. hat sich vor sieben Jahren einen SS-Totenkopf auf den Hinterkopf tätowieren lassen. Seitdem hat der Dachdecker aus dem Sauerland an vielen rechtsextremistischen Demonstrationen teilgenommen. Bundesweit. Doch nur in Berlin gab es wegen der Tätowierung Ärger für K., der gestern mit einer Strafe von sechs Monaten Haft ohne Bewährung endete – wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Der wegen Volksverhetzung vorbestrafte Angeklagte war einem 28-jährigen Polizisten am 29. Januar 2000 bei einer Demonstration gegen das in Berlin geplante Holocaust-Mahnmal aufgefallen. Michael K. trug eine Lederjacke. „Man konnte nichts sehen, der Kragen verdeckte den Totenkopf“, verteidigte er sich vor dem Amtsgericht Tiergarten. Das Ganze sei eine Retourkutsche des Ermittlers, weil der einige Monate zuvor bei einer anderen rechten Demonstration mit seinem ersten Versuch gescheitert sei, ihn wegen der Tätowierung am Hinterkopf festzunehmen. „Und überhaupt“, meinte nun der Verteidiger. „Ich bezweifle, dass ein unbefangener Mensch im Jahre 2003 das als SS-Totenkopf erkennen würde.“ Schließlich würden auch die Fans vom FC St. Pauli „mit ähnlichen Symbolen“ herumlaufen.

Der Beamte im Zeugenstand erklärte ruhig die Besonderheiten des Zeichens der auch für die Bewachung der Konzentrationslager zuständigen Naziorganisation und blieb dabei: „Die Ecken des Kragens hingen herunter, im Nacken konnte man deutlich die Tätowierung sehen.“ Die Richterin hatte schließlich keine Zweifel daran, dass K. den SS-Totenkopf für Passanten sichtbar trug – und sich damit strafbar machte. Bei dem einschlägig vorbestraften Mann komme eine Bewährung nicht mehr in Betracht, befand sie. Weil in das Urteil zwei frühere Straftaten des Angeklagten einbezogen wurden, muss der Dachdecker für insgesamt zehn Monate ins Gefängnis. K. G.

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