zum Hauptinhalt

Berlin: Haftstrafe für „schwarzen Riesen“ 22-Jähriger aus Sierra Leone gestand Raubserie – und schämte sich

Er war stets höflich, gut gekleidet, nicht maskiert und drückte sich sehr gewählt aus. Obwohl der gut 1,90 große Mann immer mit einer Pistole herumfuchtelte, bezeichneten ihn manche Opfer als „galant“.

Er war stets höflich, gut gekleidet, nicht maskiert und drückte sich sehr gewählt aus. Obwohl der gut 1,90 große Mann immer mit einer Pistole herumfuchtelte, bezeichneten ihn manche Opfer als „galant“. Vor dem Landgericht saß der „schwarze Riese“ gestern ganz in Weiß und zeigte sich reuig. „Ich schäme mich“, beteuerte der Mann aus Sierra Leone. 17 Mal war der 22-jährige Emmanuel W. zwischen Januar und März auf Raubzug gegangen. Gestern wurde er zu acht Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Zuvor hatte der „schwarze Riese“ ein Geständnis abgelegt und damit für einen kurzen Prozess gesorgt. „Ich wollte nie jemanden verletzen“, sagte er. Das war ihm, der nie körperliche Gewalt anwendete, auch zu glauben. Doch die Opfer konnten nicht erkennen, dass sie in den Lauf einer ungeladenen Schreckschusspistole sahen. „Mir wurde immer anstandslos das Geld ausgehändigt“, sagte der Angeklagte. Bei den Überfällen auf neun Videotheken, Tankstellen und kleinere Läden erbeutete er insgesamt 26 000 Euro.

Emmanuel W. war vor zehn Jahren als Bürgerkriegsflüchtling nach Berlin gekommen und lebte zunächst bei seinem Vater in Rudow. In den letzten Jahren jobbte er in Videotheken oder Boutiquen und versuchte sich als Rapper. Erst kurz vor seiner Raubserie will er erfahren haben, dass seine Mutter in Gambia lebt. Er habe ihr Geld für eine Operation schicken wollen, sagte W. Leider sei er, der damals keine eigene Wohnung hatte, arbeitslos geworden. „Dann sah ich eine Sendung im Fernsehen, wo es um Überfälle ging.“ Kurz darauf zog er los. „Ich zitterte beim ersten Mal“, sagte er. Dass auch seine Opfer zitterten, will er erst beim letzten Überfall bemerkt haben. „Eine Frau sah die Waffe und fing an zu weinen. Das ließ mich nicht mehr los.“

Die Polizei fahndete lange vergeblich nach ihm. Stets gab es nur die Beschreibung „großer, schwarzer Mann“ – daher der Spitzname. Erst als ihn bei Überfall Nummer 16 eine Videokamera in einer Elf-Tankstelle in Lichtenberg filmte, konnten Fahndungsfotos veröffentlicht werden. Nach seinem letzten Raubzug am 4. März setzte W. sich nach Belgien ab. Am 21. März wurde er in Hannover geschnappt.

Vielleicht schickte er seiner Mutter Geld. Ein durch und durch selbstloser Mensch ist er aber nicht, der höfliche „schwarze Riese“. Als der Räuber Geld in der Tasche hatte, stieg er in Luxus-Hotels ab oder kaufte sich ein Handy für 600 Euro. „Ich wollte meiner Mutter ein Bild von mir schicken“, sagte der Angeklagte. Die Richter waren schließlich überzeugt, dass er „nicht aus akuter wirtschaftlicher Not“ handelte.

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false