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Halbmarathon in der Stadt. Am Sonntag zieht es tausende Berliner zum Halbmarathon auf die Straßen.

© Jörg Carstensen/dpa

Halbmarathon in Berlin: Aufgestanden für den Halbmarathon

Berlin, Sonntag, 10 Uhr: Eine Stunde Schlaf fehlt. Das Wetter wird auch nicht so doll. Und trotzdem: Endlich geht’s wieder los, die Laufsaison startet. Hier erzählen drei Sportler ihre Geschichte.

DIE ERFAHRENE
Gabi Giese, 56, arbeitet am Flughafen Tegel, lebt in Tempelhof
Angefangen hat Gabi Giese mit dem Laufen, als sie mit dem Rauchen aufgehört hat: „Da bin ich ganz schön auseinandergegangen und musste etwas gegen die Kilos tun.“ 1986 fiel ihr selbst der erste Kilometer noch schwer, ein halbes Jahr später waren es zehn Kilometer und 1987 ist sie ihren ersten Marathon gelaufen, damals wurden die Läufe noch von den französischen Alliierten organisiert. Heute joggt die 56-Jährige gerne von ihrer Arbeit am Flughafen Tegel nach Hause in Tempelhof. 16 Kilometer durch die gesamte Stadt – „das ist schon toll, früher wäre das gar nicht möglich gewesen“, sagt Giese. Insgesamt ist Giese den Halbmarathon des SCC nun schon sieben Mal gelaufen und etliche andere Läufe in Berlin auch. Giese hat ihr ganzes Leben in der Stadt verbracht.

Der Berliner Halbmarathon ist für Giese aber ein ganz besonderer Lauf: „Die Publikum und die Stimmung da sind einfach spitze, es ist immer mehr los als bei den anderen“, sagt sie. Außerdem gefalle ihr die Route besser, da eine große Runde durch ganz Berlin eben mehr Spaß mache, als drei Mal im Kreis herumgejagt zu werden. Zur Belohnung nach dem Rennen wird sich Giese zusammen mit ihrem Sohn und ihrer Laufpartnerin eine Currywurst bei Curry 36 in Kreuzberg gönnen – weil das auf dem Heimweg liegt: „Da freue ich mich schon lange drauf, vor dem Halbmarathon konnte ich mir das ja nicht mehr erlauben.“

DIE NEUE
Franziska Wehinger, 26 Jahre alt, arbeitet als Trainee für Wirtschaftspolitik bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, wohnt in Kreuzberg
Franziska Wehinger ist Anfängerin – sowohl in Berlin als auch beim Laufen. Als Wehinger im Januar von Bonn ans Kottbusser Tor gezogen ist, hatte sie vom Berliner Halbmarathon noch nie gehört. Erst vor zwei Wochen, als eine Freundin ihr erzählte, dass sie sich angemeldet habe und den Platz nun doch nicht wahrnehmen könne, kam Wehinger eine Idee: „Bevor du ihn verfallen lässt, probiere ich morgen mal zehn Kilometer zu laufen. Wenn es klappt, bin ich dabei.“

Vor ihrem ersten Trainingslauf war Wehinger nervös – „Zehn Kilometer haben noch vor knapp zwei Wochen alles gesprengt, was ich davor gelaufen bin“ – und danach überrascht, wie gut es geklappt hat. Seitdem hat Wehinger ihren eigenen Trainingsplan für zwei Wochen aufgestellt. „Das ist genau das Richtige für mich. Mehr als drei Wochen würde ich mein Trainingsprogramm gar nicht durchhalten“, sagt sie. Alle zwei Tage joggt sie am Landwehrkanal entlang, erst zehn, zwölf, dann 15 und vergangenen Montag 18 Kilometer – das ist bisher ihr persönlicher Rekord. Ihr Ziel für den Lauf am Sonntag? „Die Ziellinie erreichen, die Zeit spielt keine Rolle.“ Vielmehr sei der Lauf für Wehinger eine Art Integrationstest: „Wenn ich das schaffe, bin ich in Berlin angekommen!“

Von Ost nach West und wieder zurück. Das ist die Laufstrecke.
Von Ost nach West und wieder zurück. Das ist die Laufstrecke.

© Fabian Bartel

DER ÄLTESTE
Gerhard Waindzioch, 81, war Verwaltungsbeamter und wohnt in Taunusstein, einer Kleinstadt bei Frankfurt am Main
Auch der älteste Läufer, der am Sonntag an den Start geht, ist zum ersten Mal beim Berliner Halbmarathon dabei. Der 81-jährige Gerhard Waindzioch ist bisher immer nur für den großen Marathon im September nach Berlin gekommen. Zwanzig Mal hat er daran schon teilgenommen. Dass er jetzt beim Halbmarathon mitläuft, ist für ihn ein erstes Zugeständnis an das Alter: „Früher bin ich im Training 100 Kilometer in der Woche gelaufen, jetzt sind es noch 40 Kilometer. Es ist anstrengender geworden“, sagt er. Dennoch ist das kein Vergleich zu früher. Der pensionierte Verwaltungsbeamte ist einst Distanzen gelaufen, die andere auf dem Fahrrad kaum schaffen: Er hat an 100 Kilometer langen Laufrennen teilgenommen – und an mehreren Marathonläufen jedes Jahr. Angefangen hat er erst relativ spät. Mit 40 Jahren nahm er an seinem ersten Rennen teil und hat seitdem nicht mehr aufgehört: 152 Marathons ist er gelaufen, dazu kommen noch 18 Extremläufe, sogenannte Ultrathlons, mit noch längeren Strecken. Das Laufen hat ihn dabei nicht nur nach Berlin geführt, sondern nach New York, nach Boston, Chicago, Paris, Prag, Zypern, Malta und Mallorca.

Beim Halbmarathon in Berlin gehört er also zu den Erfahrensten. Und auch Berlin kennt er schon gut: Seinen ersten Berlin-Marathon ist er gelaufen, als die Strecke noch nicht durch das Brandenburger Tor führte – weil die Mauer noch stand. Damals, 1988, lief er 42 Kilometer in unter vier Stunden. Seither ist er 20 Mal für den Marathon wiedergekommen. Zwei weitere will er in diesem Jahr noch laufen, einmal in London und am 27. September in Berlin. „Dann“, sagt Waindzioch, „dann ist endgültig Schluss. Danach höre ich auf.“

„Lauf, Papa, lauf – nur noch 20 Kilometer!“

Ach ja, der Frühling. Voriges Jahr waren’s 20 Grad und Sonnenschein – dieser Sonntag wird etwas frischer, es soll nieseln. Wer sich also auf den Weg macht zum Halbmarathon, um die vielen Sportler anzufeuern („Lauf, Papa, lauf! Nur noch 20 Kilometer!“), sollte nicht nur auf die Uhrzeit achten – Sonntagmorgen gilt schon die Sommerzeit – , sondern auch einen Regenschirm einpacken.

Den Sportlern wird schon warm werden, wenn sie zum ersten Mal wieder über den Berliner Asphalt rennen. Beim 35. Halbmarathon gehen dieses Jahr mehr als 32 000 Sportler aus 117 Nationen auf die Strecke. Der Startschuss fällt um 10.05 Uhr auf der Karl-Marx-Allee zwischen Alexanderplatz und Kino International. Von dort werden die Läufer über die Straße des 17. Juni zum Schloss Charlottenburg laufen, gen Ku’damm abbiegen und zurück durch Schöneberg und Kreuzberg joggen.

Von den 32 000 Sportlern sind in diesem Jahr 12 000 weiblich; 1600 Inlineskater machen mit, 22 Handbiker und drei Rollstuhlfahrer. Die meisten ausländischen Teilnehmer kommen aus Dänemark (3150), den Niederlanden (900) und Italien (850).

Wer einmal Schwung hat, sollte den auch nutzen. Am 18. April ist Airport Nightrun am Flughafen BER (bis zu 22 Kilometer), am 19. April Jedermannlauf im Tegeler Forst (bis zu 15 Kilometer), am 10. Mai steht der 25-Kilometer-Lauf quer durch Berlin an, und am 16. Mai ist Berliner Frauenlauf im Tiergarten (bis zu 10 Kilometer).

Johannes Böhme, Luisa Jacobs

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