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Berlin: „Hallo, Fritze Bollmann!“

Der unglückliche Brandenburger Barbier wurde schon zu Lebzeiten verspottet

„Fritze Bollmann wollte angeln, dabei fiel die Angel rin. Fritze Bollmann wollt sie langen, dabei fiel er selber rin.“

Das Spottlied über den berühmtesten Havelstädter hat fast jeder schon einmal gehört. Viele halten ihn für eine literarische Figur, doch er hat wirklich gelebt. Gehen wir also in Brandenburg an der Havel auf Spurensuche, denn hier hat er die längste Zeit seines Lebens verbracht.

Am Denkmal in der Hauptstraße sitzt er auf einem Brunnen und geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach – dem Angeln. Ein kleiner dünner Mann mit einem Spitzbart. Der Brunnen ist eine Kopie, das Original stand seit 1924 am Freibad Grillendamm. Die Kinder sind dort aber achtlos mit ihm umgegangen, genau so, wie es ihm im wahren Leben erging.

Johann Friedrich Bollmann wurde 1852 bei Magdeburg als Sohn eines Leinewebers geboren. Mit 23 Jahren kommt er in die Stadt Brandenburg und arbeitet als Gehilfe in einem Barbiergeschäft in der Ritterstraße 23. Danach wohnte und arbeitete er kurze Zeit in Berlin, Ziesar und Fehrbellin, bis er 1879 in die Domstadt zurückkehrte.

1882 übernahm er ein kleines Barbiergeschäft in der Mühlentorstraße 17a in der Altstadt. Zugleich heiratete er eine aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Brandenburgerin, die ein uneheliches Kind mit in die Ehe brachte. Zehn weitere Kinder kamen in den Folgejahren zur Welt. Da Bollmann kein guter Geschäftsmann war, geriet die Familie in finanzielle Not und der schmächtige Barbier gab sich mehr und mehr dem Alkohol hin. Kinder versammelten sich vor seinem Geschäft, um ihn lauthals zu verspotten. Schon die Rufe „Hallo Fritze Bollmann!“ brachten ihn in Rage. Er stürmte aus dem Laden und bespritzte die Kinder mit Wasser oder Rasierschaum, was deren Vergnügen noch steigerte. Da die Erwachsenen sie gewähren ließen, wurde Bollmann zur Spottfigur der Altstadt.

Ruhe fand er nur beim Angeln. Doch als er eines Tages dabei aus dem Kahn fiel und sich das Missgeschick herumsprach, reimten die Kinder die berühmten Spottverse. Schon zu Lebzeiten war das Lied auf einer Postkarte erschienen. Bollmann erreichte zwar ein Vertriebsverbot, aber die Strophen wurden fröhlich weitergesungen. Wegen der ständigen Tumulte kündigte der Hauswirt den Friseurladen samt Wohnung. Heimlich zog die Familie auf die andere Seite des Beetzsees, doch Hohn und Spott verfolgten sie. In Armut verstarb der Barbier 1901 im Alter von 49 Jahren. cps

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