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Hans-Christian Ströbele hat eine Krebserkrankung offenbar erfolgreich bekämpft. Die Politik lenkt ihn ab, zu viel daran zu denken

© dpa

Hans-Christian Ströbele: Der graue Grüne

Hans-Christian Ströbele peilt bei der Bundestagswahl den vierten Sieg als Direktkandidat der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg an. Der 73-jährige Bundestagskandidat pflegt dafür das Image des Alt-Linken und findet kritische Worte für die SPD und ihren Kanzlerkandidaten.

Von Matthias Meisner

Zum Alterspräsidenten des Bundestages reicht es für Hans-Christian Ströbele immer noch nicht. Da ist Heinz Riesenhuber vor, der Ex-Forschungsminister, den Hessens CDU wieder ins Parlament schicken will und der drei Jahre, sechs Monate und fünf Tage älter ist. Aber der 73-Jährige aus Kreuzberg sieht sich ohnehin lieber als 68er. Sagt er am Samstag, nachdem ihn seine Partei erneut zum Direktkandidaten im Wahlkreis 84 aufgestellt hat, zu dem außer Friedrichshain-Kreuzberg noch der Osten von Prenzlauer Berg gehört.

59 Mitglieder stimmen im Haus der Demokratie an der Greifswalder Straße für Ströbele, drei gegen ihn, es gibt zwei Enthaltungen. Einen Gegenkandidaten hat das Urgestein, das zum sechsten Mal für den Bundestag kandidiert, nicht. Nach 2002, 2005 und 2009 will Ströbele den Wahlkreis zum vierten Mal holen – immer noch ist er der einzige Grüne, der das bisher überhaupt geschafft hat.

Diskutiert wird über Ströbele an diesem Nachmittag nicht. Der Kandidat hat erst kürzlich eine Krebserkrankung überwunden, das Parlament findet er toller als den Gedanken, jetzt irgendwelche Reisen zu machen. „Das Tollste“ für ihn sei, die Mehrheit im Wahlkreis hinter sich zu wissen. In dem seien „die Leute das Außergewöhnlichste“, schwärmt er in seiner 50-minütigen Bewerbungsrede. Er plaudert über Nachtsitzungen im Untersuchungssausschuss zum Naziterror, will den Krieg in Afghanistan beenden – und die Mietpreisexplosion in Berlin stoppen. Gerade erst hätten sich türkische Familienväter deshalb ratsuchend in seiner Sprechstunde an ihn gewandt, berichtet er, der Weltpolitiker und Kümmerer.

Die Diskussion über Schwarz-Grün räumt er ab: „Ich leb’ doch nicht im Wolkenkuckucksheim.“ Mit der Union sei nichts von dem durchzusetzen, was ihm wichtig sei. Und die SPD? „Unser Koalitionspartner in spe schwächelt ein bisschen.“ Er brauche „ganz dringend ein Korrektiv“, damit man gemeinsam „die soziale Wende“ schaffe. Despektierlich spricht Ströbele von Peer Steinbrück als dem „Herrn Kanzlerkandidaten“. Er wundert sich über dessen „ganz neue Töne“. Er wolle dafür kämpfen, dass die SPD ihre Beschlüsse auch umsetze.

Prostatakarzinom, Tumor, Bestrahlungen und Schmerzen: Ströbele spricht seine Krankheit nicht an. Es fragt auch keiner. In einem Interview vor ein paar Tagen hat er ausführlich dazu Stellung bezogen. „So lange ich krauchen kann“, sagt er darin, wolle er für Veränderungen in der Gesellschaft streiten. Eine Frau will wissen, ob er auf die Landesliste möchte, die Mitte Februar aufgestellt wird. Dort gilt mit Renate Künast nur Platz eins als gesetzt. Schon auf dem zweiten Platz, auf dem auch Männer kandidieren dürfen, wird es Gerangel geben. Das muss Ströbele nicht mehr haben. „Nein, nein“, versichert er, um einen Listenplatz werde er sich „mit Sicherheit“ nicht bemühen.

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