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Berlin: Hansa-Theater: Maniscalco schmeißt den Intendantenjob

So hatte er sich das nicht vorgestellt: Chef eines biederen Volkstheaters zu sein, einem Theater, dem der Mut zum Experiment fehlt. Claudio Maniscalco, der Intendant des Hansa-Theaters in Moabit, hat am Donnerstag aufgegeben.

So hatte er sich das nicht vorgestellt: Chef eines biederen Volkstheaters zu sein, einem Theater, dem der Mut zum Experiment fehlt. Claudio Maniscalco, der Intendant des Hansa-Theaters in Moabit, hat am Donnerstag aufgegeben. Weg mit dem Amt: Er werde jetzt wieder als freier Schauspieler und Regisseur arbeiten, sagte er dem Tagesspiegel. Zum Beispiel in München, beim SOKO-Krimi fürs Zweite Deutsche Fernsehen. Oder im Theater, dem Hansa oder woanders: Ein Schauspieler sei er, schon immer gewesen. Und jetzt eben mal wieder.

"Ich dachte, Volkstheater mit Schwung machen zu können", sagte er. Sein Bestreben, unbekannte und doch talentierte Schauspieler auf die Bühne zu holen, sei der Geschäftsleitung - sein Bruder Pietro ist kaufmännischer Direktor und guckt aufs Geld - zu riskant gewesen. Auch gebe es keine Mittel für ein dauerhaftes Ensemble, was die Arbeit erschwere. Normale Gagen, für die man gute Schauspieler bekommt, bezeichnete er für das Hansa-Theater als "Vision". "Ich wollte provokante Stücke bringen, modernes Volkstheater, die Geschäftsleitung lehnte ab", klagte er.

Eine Inszenierung mit der Entertainerin Desirée Nick sei deshalb nicht auf die Bühne gekommen. Ausgerechnet die Desirée Nick, die vorgebeugt und mit ihren ihren blanken Brüsten in den Händen vor einigen Monaten für ihr eigenes Programm "Hängetitten de Luxe" warb. Ausgerechnet Desirée Nick, die auf der Bühne schon mal ihren Rock lupft, um sich auf den Nachttopf zu setzen, mit den Worten: "Ich muss puschen". Die Provokation des Intendanten wäre perfekt gewesen: Möglicherweise hätte sich das eher betagte Hansa-Stammpublikum so stark an der Schauspielerin gestört, als es der Geschäftsleitung lieb war.

Brav oder brisant, bieder oder brüskierend: Diese Diskussionen sind jetzt vorbei. Claudio und Pietro Maniscalco wollen sich offiziell nie über die Zukunft des Volkstheaters gestritten haben. Pietro Maniscalco will am Freitagmorgen einen neuen künstlerischen Leiter vorstellen, der seinen Bruder, den Ex-Intendanten, ersetzen soll.

Gerüchte, wonach schon seit Monaten ein Krach zwischen den Maniscalco-Brüdern schwele, bezeichneten diese einhellig als "lächerlich" und als "Schwachsinn". "Wir sind hier alle lieb und nett", sagte Pietro Maniscalco. Sein Bruder und er würden auf der Pressekonferenz am Freitagmorgen gemeinsam auftreten. Auch habe der Geschäftsleiter seinem Intendanten nie ein Hausverbot erteilt.

Hintergrund ist vermutlich die klamme Finanzlage des Theaters: Immer wieder, sagte Claudio Maniscalco, seien Kompromisse bei den Besetzungen gemacht worden. 1,8 Millionen Mark beträgt der Jahresetat des Theaters, ein Drittel davon kommt vom Senat, den Rest muss die Bühne alleine erwirtschaften. Deshalb hätten viele Stücke nur ein "sehr beschränktes Niveau" erreicht. Selbst beim Einsatz von Musik sei gespart worden, um die GEMA-Gebühren nicht in die Höhe schnellen zu lassen.

Claudio Maniscalco hatte die künstlerische Leitung der Moabiter Bühne erst vor zwei Jahren übernommen. Er wollte das Haus wegführen vom "icke-Image", wie er sagte. Seine Absicht war, das Stammpublikum zu halten, gleichzeitig aber neue und vor allem jüngere Publikumsschichten anzusprechen. Erster Versuch war der Heinz-Rühmann-Abend mit Christian Schodos in der Titelrolle. Ein achtbarer Erfolg. Der Abend - irgendwo zwischen Schauspiel und Singstück - kam bei den Zuschauern gut an. Daran konnte Maniscalco jedoch nicht anknüpfen. Selbst bekannte Schauspieler-Namen konnten das Haus nicht füllen, wie zum Beispiel bei der glücklosen Aufführung des Stücks "Total verrückte Entführung" in der Regie von Brigitte Grothum.

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