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Berlin: Hartmut Holzinger soll die späte Profilierung der SPD in der Bildungspolitik voranbringen

Der Mann trägt eine Kopfbedeckung, die man in Berlin Schiebermütze nennt, mal was Neues im Wahlkampf. Assoziationen mit Lenin oder Thälmann amüsieren ihn: "Dieses Gerät ist ein englisches Fabrikat und stammt aus dem KaDeWe.

Der Mann trägt eine Kopfbedeckung, die man in Berlin Schiebermütze nennt, mal was Neues im Wahlkampf. Assoziationen mit Lenin oder Thälmann amüsieren ihn: "Dieses Gerät ist ein englisches Fabrikat und stammt aus dem KaDeWe. In Hessen sagen wir dazu Batschkapp, vermutlich weil sie oben flach ist." Und schon hat er den Journalisten bildungspolitisch auf die Sprünge geholfen. Der Mann heißt Hartmut Holzapfel und hat durch die Hessenwahl im Februar seinen Job als Bildungsminister verloren. Acht Jahre war er das. Früher saß die Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing neben ihm an Hans Eichels Kabinettstisch. Nun ist Genosse Holzapfel der bildungspolitische Berater des SPD-Spitzenkandidaten Walter Momper. "Schon seit Juni", sagt Momper, der ihn gestern als "einen der profiliertesten Bildungspolitiker" vorstellte.

Die Bildungspolitik ist neben Wirtschaft, Arbeit und sozialer Stadtentwicklung ein Hauptthema im Wahlkampf. Holzapfel gilt als linker SPD-Mann und Verfechter der Gesamtschule, aber heute stellen sich für ihn ganz andere Fragen. Und von Links und Rechts in der SPD wollen beide nichts mehr wissen, schon gar nicht beim Thema Bildung. Konservative sind für Momper Menschen, "die alles lassen wollen, wie es ist". Das will er nicht, das will sein "Souffleur und Helfer" nicht. Und damit niemand bezweifelt, dass die SPD stromlinienförmig denkt, verweist Momper auf die Reformansätze der Schulsenatorin Ingrid Stahmer und die Verdienste von Fraktionschef Klaus Böger um die bildungspolitische Kommission der SPD. Holzapfel findet den Kommissionsbericht "hervorragend". Nun soll er der Stimmverstärker sein; die SPD ist spät dran mit ihrer Profilierung in der Bildungspolitik.

Deutschland, sagt er, habe bildungspolitische Defizite gegenüber den meisten EU-Ländern; er saß ja selbst im EU-Bildungsministerrat. Den Streit um Schulstrukturen, um Gymnasien und Gesamtschulen findet er überholt. Auf mehr Spielräume, eigenes Profil und Selbstverantwortung der einzelnen Schule, gleich welchen Typs, komme es ihm an. Die meisten EU-Länder setzten auch auf Eigenverantwortung, Qualitätssicherung, eine neue Lernkultur. Jede Schule soll ihr eigenes Ziel definieren und weitgehend ihr Programm selbst erarbeiten. Die Eltern sollen dabei mitreden, auch die Schüler: "Zum Schulprogramm gehört immer auch die Öffnung der Schule."

Mit Selbstverständlichkeiten wie Leistungskontrolle der Schule und staatlicher Schulaufsicht hält sich Holzapfel nicht auf. Den Eltern lässt er bestellen, dass man nicht alle Probleme bei der Schule abgeben kann, den Kindern, dass ihnen die Selbstreinigung ihrer Klassen nicht schadet: "In Hessen ist dadurch der Vandalismus drastisch zurückgegangen. Unter Leistungskontrolle versteht er auch die Überprüfbarkeit der Arbeit der Schule im freiwilligen Vergleich mit vergleichbaren Schulen. Was heißt neue Lernformen? Erziehung zur Teamarbeit und Vorbereitung auf lebenslanges Lernen, richtiger Einsatz der neuen Medien: "Den gestiegenen Leistungsanforderungen kann man nicht mit der Rückkehr zur alten Paukschule gerecht werden."

Ingrid Stahmer dankt als Senatorin nach der Wahl von sich aus ab. Soll Holzapfel ihr Nachfolger werden, falls Momper darauf Einfluss hat? Dem Spitzenkandidaten fällt dazu nur der Spruch vom Fell des Bären ein, das man nicht verteilt, bevor er erlegt ist. Und Holzapfel findet das "eine sehr weise Antwort." Momper hat ihn selbst auf einem bildungspolitischen Kongress entdeckt. Das heißt, er war gerade draußen, als Holzapfel eine Rede hielt: "Dann hat mich meine Frau beschimpft, dass ich etwas versäumt hätte." Frau Momper ist Lehrerin.

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