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Hatun und Can: Frauennothilfe: Helfer im Zwielicht

Nach der Anzeige von "Emma"-Chefin Alice Schwarzer kämpft der Verein "Hatun und Can" um seinen Ruf.

Von Sabine Beikler

Die Ermittlungen gegen den Verein „Hatun und Can“ für Frauen in Not sind noch nicht abgeschlossen, teilte die Berliner Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. „Es hat einen Anfangsverdacht wegen Untreue oder Betrugs gegeben, der sich im Dezember durch weitere Ermittlungen erhärtet und verdichtet hatte, so dass Durchsuchungsbeschlüsse und Beschlagnahme von Beweismitteln erwirkt wurden. Die Auswertung dauert noch an“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Nach Tagesspiegel-Informationen soll es sich um Konto-Unregelmäßigkeiten gehandelt haben. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch eine Anzeige von Emma-Chefredakteurin Alice Schwarzer, Frauenrechtlerin Necla Kelek und RTL.

Schwarzer, die im September 2009 in der Sendung „Wer wird Millionär“ 500 000 Euro gewann und dem Verein spendete, wurde aktiv, nachdem sie laut eigenen Worten kaum Auskunft über die Vereinsaktivitäten erhalten hatte. Das frühere Vereinsmitglied Necla Kelek sagte, sie habe nach Spendeneingang eine Mitgliederversammlung gefordert, aber nichts von dem Verein gehört. Dann habe Schwarzer ihr geschrieben und ihre Bedenken mitgeteilt. Schwarzer kannte den Verein schon seit längerem, ein Artikel über ihn erschien 2008 in der „Emma“. Sie selbst hatte zuvor schon einmal 3000 Euro gespendet.

rbb-Abendschau: Strafanzeige gegen Verein " Hatun und Can"

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Es kam im November zu einem Treffen mit dem Vereinsvorstand Andreas Becker, das „irritierend“ verlaufen sei. Kelek sagte, sie sei seit 2008 Mitglied gewesen und habe monatlich 25 Euro überwiesen. Becker wiederum verweist auf die Satzung. Kelek habe nie einen Antrag auf Vollmitgliedschaft gestellt und deshalb auch keine Mitgliederversammlung einfordern können. „Da wird schmutzige Wäsche gewaschen“, sagt Becker. Die Spende sei auf einem Tagesgeldkonto angelegt worden. Die Bestätigung darüber habe er Frau Schwarzer zukommen lassen. „Bargeldabhebungen gab es für Soforthilfen, Versicherungen. Das ist alles testiert“, sagt er. Dass mit dem Verein so „unglaublich“ umgegangen werde, basiere auf „keinerlei Verdachtsmomenten“.

Kein Verein war zuletzt so viel diskutiert worden wie „Hatun und Can“. Kritiker aus der Integrationsszene warfen den Ehrenamtlichen vor, nicht genug Expertise zu besitzen und teils zu gutgläubig vorzugehen. Becker entgegnete stets, dass ihn die etablierte Helferszene als ungeliebten Konkurrenten sehe. Frauen, die von ihren Vätern teils sogar mit dem Tode bedroht wurden, holt der Verein sofort ab, besorgt Job und Wohnung. Dafür bekam „Hatun und Can“ Lob von der ehemaligen Ausländerbeauftragten Barbara John und vom Senat. Der bezeichnete „Hatun und Can“ im Jahr 2007 als „sehr anerkennenswert“. Das zivilgesellschaftliche Engagement junger Deutschtürkinnen und des Rechtsexperten Becker, hieß es, könne für eine Frau entscheidend sein, weil sie „auf unbürokratische Hilfe zurückgreifen kann“. Der Verein kooperierte mit der Polizei, dem Zoll, dem Weißen Ring. Beobachtern zufolge könnte den Helfern angesichts des Bedarfs die Arbeit möglicherweise über den Kopf wachsen.

Der Spendenverein des Tagesspiegels hat den Verein bei „Menschen helfen!“ 2008 mit 8 000 Euro bedacht – für Mietkaution, Einrichtung der Wohnungen und Telefonkosten. Bei der Aktion 2009 gab es 4 000 Euro, die Verwendung muss dem Tagesspiegel-Spendenverein bis Ende März nachgewiesen werden.Sabine Beikler/Annette Kögel

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