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Berlin: Hauptbahnhof: Bahn droht mit Klage

Architekt Gerkan soll Behauptung zur Sicherheit der Träger zurücknehmen Auch beim Streit um das verkürzte Dach gibt es keine Annäherung

Der Streit um die Schuld am Absturz eines Trägers am Hauptbahnhof eskaliert. Gestern kündigte die Bahn an, sie werde den Architekten von Gerkan verklagen, wenn er seine Behauptung nicht zurücknehme, „unter der Regie der Bahn“ seien Sicherheitsmaßnahmen unterlassen worden. Gestern musste sich Bahnchef Hartmut Mehdorn vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages rechtfertigen.

Gerkan hatte am Mittwoch vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages erklärt, er habe geplant, für die nicht verschweißten oder verschraubten Querriegel zusätzliche Sicherheitsschienen anzubringen, was die Bahn aber abgelehnt habe. „Die neuerlichen Entgleisungen des Herrn von Gerkan sind haltlos und unverfroren“, erklärte gestern Wolf-Dieter Siebert, der Chef des Bereichs Station & Service der Bahn AG. Die maßgeblichen Pläne trügen den Prüfstempel von Gerkans Büro, das als Generalplaner für die Bügelbauten beauftragt worden sei.

Nach Tagesspiegel-Informationen hat die Bahn allerdings Gerkan die Generalplanung noch vor dem Bau der beiden Bürotrakte über dem Glasdach im April 2003 entzogen. Danach war die Bahn selbst zuständig. Sie betont bisher, sie habe als Bauherrin ein Bauwerk übernommen, „bei dem sie davon ausgehen musste, dass es nach allen Regeln der Technik geplant, genehmigt, gebaut und abgenommen“ worden sei. Weiter wollte sich die Bahn gestern nicht äußern. Sie verwies auf das laufende gerichtliche Beweissicherungsverfahren. Wie der Tagesspiegel berichtet hatte, gab es vor dem Einbau der Träger Diskussionen zur Sicherheit. Planer und Statiker sahen bei der gewählten Lösung aber keine Sicherheitsbedenken. Erst nach dem Absturz eines Riegels beim Orkan „Kyrill“ wurden die Riegel zusätzlich gesichert.

Die Zeit- und Kostenüberschreitung beim Bau des Glasdaches, die Bahnchef Hartmut Mehdorn veranlasst hatte, das Dach von 430 Meter auf 321 Meter zu verkürzen, ist nach Ansicht von Gerkans vor allem „auf die unprofessionelle Projektsteuerung“ der Bahn AG zurückzuführen. Deren personelle Verantwortlichkeiten seien permanent verändert worden, heißt es in einem Schreiben der Anwälte von Gerkans. Andere Behauptungen der Bahn seien „zu ganz wesentlichen Teilen falsch, teils frei erfunden“.

Mehdorn wiederholte gestern im Haushaltsausschuss, das Verkürzen des Daches sei notwendig gewesen, um den Hauptbahnhof rechtzeitig vor der Fußball-WM im vergangenen Sommer eröffnen zu können. Er ließ durchblicken, dass es aber Bereitschaft gegeben habe, auch zu verlängern, soweit der Termindruck es erlaubt hätte. Von Gerkan widerspricht dem Zeitargument. Die lange Version wäre rechtzeitig und zum vereinbarten Preis herzustellen gewesen. Mehdorn habe das Dach aber von Anfang an nicht gewollt. Der Haushaltsausschuss forderte gestern – wie zuvor der Verkehrsausschuss – die Bundesregierung auf, die Chancen fürs lange Dach noch einmal durchzurechnen.

Für Mehdorn ist das kurze Dach weiter kein Problem. Niemand müsse nun im Regen aussteigen, sagte er vor dem Haushaltsausschuss. Die Fahrgäste der 1. Klasse, deren Wagen bei langen Zügen im Freien stehen, könnten doch durch den Zug laufen und dort aussteigen, wo die Wagen unter dem – kurzen – Dach stehen. / Andrea Dernbach

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