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Berlin: Hauptbahnhof: Wowereit will das lange Dach

Bahn lehnt Erweiterung der Glaskonstruktion weiter ab – Regierender Bürgermeister möchte aber einen Streit vermeiden

Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird es wohl nicht schaffen: Das Glasdach am Hauptbahnhof bleibt so kurz wie es ist. Die Bahn will es weiter nicht auf die Länge bringen, die die Architekten geplant hatten. Wowereit geht es wie vielen Besuchern der neuen Sehenswürdigkeit der Stadt: Beim Betrachten von außen fällt auf, dass die Dimensionen nicht stimmig sind. Das verkürzte Dach wirkt wie eine ausgepresste Wurst. Deshalb setzt sich Wowereit jetzt dafür ein, die Konstruktion nachträglich zu verlängern.

450 Meter sollte das Glasdach maximal lang werden. Bauen ließ die Bahn dann aber nur 321 Meter. Nur so sei es möglich gewesen sein, den von Bahnchef Hartmut Mehdorn festgesetzten Eröffnungstermin einzuhalten, argumentierten die Planer. Der Bahnhof sollte vor der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer fertig sein, was dann auch der Fall war. Zuvor war die Inbetriebnahme um Jahre verschoben worden – vom Jahr 2000 über 2002 und 2004 schließlich auf 2006.

Errichtet worden waren die Tragkonstruktionen innerhalb von vier Monaten; anschließend wurden noch die Scheiben montiert. Fast jede ist ein Einzelstück. Weil das Dach in einer Kurve liegt, hat so gut wie jede Scheibe eigene Maße. Der Aufwand beim Produzieren war enorm.

Alle Teile waren bereits fertig und mussten bezahlt werden, als der Beschluss fiel, das Dach zu verkürzen. Die nicht eingebauten Teile liegen eingemauert am Ostbahnhof. Sie sollen nun woanders verwendet werden.

Jetzt stehen oft ausgerechnet die Fahrgäste der 1. Klasse im Regen, wenn es vom Himmel gießt. Dies hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn zwar ausgeschlossen, doch die ICE-Züge sind nun einmal länger als das Dach. Und die Wagen der 1. Klasse befinden sich in der Regel an der Zugspitze oder am Ende. Die älteste ICE-Baureihe misst 358 Meter, der mit zwei Garnituren fahrende ICE 2 ist sogar insgesamt 410 Meter lang. Wenn es regnet, lässt die Bahn jetzt, wie berichtet, die Premiumkunden auf Wunsch von Mitarbeitern mit Regenschirm am Zug abholen oder dorthin bringen.

Das Dach zu verlängern und gleichzeitig Züge fahren zu lassen, sei nicht möglich, argumentiert die Bahn. Der Verkehr auf der Stadtbahn müsste dann komplett unterbrochen werden – im Fern- und Regionalverkehr sowie bei der S-Bahn. Unterschiedliche Ansichten gibt es zur Dauer. Während der Vorstandsvorsitzende der DB Station & Service, Wolf-Dieter Siebert, von einem Jahr spricht, ist der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer überzeugt, dass einige Sperrungen an Wochenenden ausreichen würden. Man könne schnell ein Schutzgerüst über den Gleisen bauen und dann das Dach montieren.

Ob dies möglich wäre, wollte die Firma, die das kurze Dach in Rekordtempo errichtet hatte, nicht sagen. Man habe mit der Bahn eine Schweigepflicht vereinbart. Das aufsichtsführende Eisenbahn-Bundesamt, das die Baupläne genehmigen müsste, würde keine Vorgaben zum Bauablauf machen, sagte eine Sprecherin.

Wowereit setzt sich zwar für das lange Dach ein, will aber keinen neuen Streit mit Bahnchef Hartmut Mehdorn beginnen. Auch am Bahnhof Zoo, wo keine Fernzüge mehr stoppen, hat Wowereit die Haltung der Bahn akzeptiert. Dort waren die Bahnsteigdächer übrigens erst Anfang der 90er Jahre mit großem Aufwand auf ICE-Länge gebracht worden.

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