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HAUSGÄSTE: Geburtstagstusch

Von der Kutschenremise zur Promi-Bühne: Das Schlosspark-Theater in Steglitz wird 90 – und hat viele Tops und Flops erlebt. Jetzt feiert Chef Dieter Hallervorden

Suche Nägel, biete gutes Theater! Solche Anschläge haben die hier gleich nach dem Krieg an die Tür gemacht, erzählt Dieter Hallervorden. Und zwei Tage vor der Premiere seien plötzlich alle Stühle weg gewesen. Geklaut von einem Kinobesitzer. „Haben sie dann gerade noch rechtzeitig wieder geholt.“ Hallervorden staunt noch immer, unter was für unmöglichen Umständen sein Vorgänger, der berühmte Boleslaw Barlog, im Schlosspark-Theater Stücke in der Trümmerstadt Berlin aufgeführt hat.

Gierige Zeiten waren das im November 1945, als der das klassizistische Haus in der Schlossstraße, das früher mal die Kutschenremise des Gutshauses Steglitz war, wiedereröffnete. „Die Leute waren hungrig nach Unterhaltung und machten sonstwas, um an Karten zu kommen“, sagt der jetzige Theaterchef. Der Komiker, Kabarettist und Chef der „Wühlmäuse“ am Theodor-Heuss-Platz hat das von mehreren gescheiterten Bespielungen gezeichnete Haus im September 2009 wiedereröffnet. „Aus Liebe“, wie er sagt. Zum Theater und zur großen Haustradition.

Etwas mehr von diesem Hunger, dieser Neugier auf neue Stücke und Schauspieler, wünscht er sich zum 90. Theatergeburtstag, der Donnerstag mit einer Gala gefeiert wird, wieder von seinem Publikum. Immerhin 65 Prozent Auslastung schaffe er im zweiten Jahr auf den 470 Plätzen inzwischen, sagt Hallervorden, aber voll wird es nur, wenn aus Funk und Fernsehen bekannte Schauspieler im Schlosspark-Theater spielen. So wie Hannelore Hoger, Peter Sattmann, Franziska Troegner oder Brigitte Grothum, die zusammen mit der tollen Berliner Sängerin Katherine Mehrling, Hallervordens zwölfjährigem Sohn Johannes und vielen anderen die vom Chef selbst moderierte Überraschungsshow mit Liedern und Texten ausrichten. „Aber die Leute könnten auch einfach mal unseren Inszenierungen ohne Stars vertrauen“, appelliert er. Sein künstlerisches Konzept „Geist mit Humor“ hänge nicht nur an den Promis.

Die gingen in der am 12. Mai 1921 von Paul Henckels mit der Shakespeare-Tragödie „Timon von Athen“ eröffneten, ab Mitte der Dreißiger auch als Lichtspielhaus genutzten und später als kleine Spielstätte des Schillertheaters fungierenden Bühne allerdings schon immer aus und ein. Hans Söhnker, Hildegard Knef, Martin Held, Klaus Kinski, O. E. Hasse, Boy Gobert. Diese Helden hat sich der 1935 in Dessau geborene Hallervorden als theaterbegeisterter Romanistik-Student an der HU und FU natürlich nicht entgehen lassen. Besonders fasziniert hat ihn Regisseur Samuel Beckett, der hier „Warten auf Godot“ inszenierte. „Das war ein Mann, der was zu sagen hatte.“ Die deutschsprachige Erstaufführung begründete 1953 den Ruhm des Hauses. Und am 1. September, nach den Theaterferien, eröffnet Hallervorden mit diesem Gastspiel die nächste Spielzeit.

Von der anheimelnden Atmosphäre des hübschen Hauses mit dem ellenlangen Saal ist er heute so wie damals angetan. Es gebe ja viele Theater, wo der Architekt vergessen hat, ein Geheimnis einzubauen, sagt er. „Hier nicht.“ Angst, dass er im nicht gerade zentral gelegenen Schlosspark-Theater so wie seine Vorgänger Heribert Sasse, Andreas Gergen und der Musicalkonzern Stage scheitern könnte, hat Hallervorden nicht. Er sei Spezialist für schlecht gelegene Häuser, grinst er. „Mein Atem ist lang.“

Schlosspark-Theater, Donnerstag 20 Uhr, Resttickets 18 und 23 Euro, Kartentel. 789 5667 100

Sie war in den Vierzigern gefeiertes Ensemblemitglied: Hildegard Knef.

Vor mehr als 50 Jahren spielte sie hier ihre erste Rolle. Donnerstag gratuliert Brigitte Grothum persönlich auf der Bühne zum Geburtstag.

Ebenso wie Katharine Mehrling, die oft in Steglitz spielte, und im nächsten Jahr als Judy Garland auftritt.

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