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Muss am Donnerstag ihre Politik verteidigen: die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) im Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Wolfgang Kumm

Update

Haushaltsdebatte im Abgeordnetenhaus: Koalition will Berliner finanziell entlasten – Opposition kritisiert „absolutes Trauerspiel“

Am Donnerstag kommt das Landesparlament zur letzten Sitzung vor der Sommerpause zusammen. In der Aussprache zum Doppelhaushalt rechnet die Opposition mit der Koalition ab.

„Läuft doch in Berlin“, das war die Kernbotschaft von Franziska Giffeys Regierungserklärung am Donnerstag. „Berlin lebt, Berlin liefert und wir arbeiten weiter dafür, dass das gelingt“, sagte die Regierende Bürgermeisterin in der Haushaltsdebatte im Berliner Abgeordnetenhaus.

CDU und FDP hatten die Debatte zuvor für eine Generalabrechnung mit dem Berliner Senat genutzt. CDU-Fraktionschef Kai Wegner attestierte Regierung und „Stadt Bildungschaos, Wohnungschaos, Mobilitätschaos, Wahlchaos“, FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja warf dem Senat gar „Amtsmissbrauch“ durch Nichtstun vor.

„Ich erlebe die Stadt gerade in diesen Wochen und Monaten ganz anders“, sagte Giffey. Sie staune über die Behauptungen, die aufgestellt würden, sagte sie. Dann ging sie selbst zum Angriff über: Sie empfahl Kai Wegner, doch mal den Koalitionsvertrag in leichter Sprache zu lesen, den die Lebenshilfe gerade herausgegeben habe. Czaja wurde von Giffey vom Rednerpult aus zurechtgestutzt, weil er während ihrer Rede „ständig dazwischenquatscht“ statt ihr zuzuhören.

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Der Haushalt, sagte Giffey, sei auch unter dem Eindruck „massiver Kriegsfolgen“ entstanden. Allerdings zeigte sich Giffey optimistisch: „Wir haben gezeigt, dass Berlin Krise kann und dass Berlin in Krisenzeiten zu Höchstform aufläuft.“ Es sei nicht selbstverständlich, 70 000 ukrainische Flüchtlinge unterzubringen, ohne eine einzige Turnhalle zu belegen. Es sei richtig, im Haushalt die nötigen Mittel dafür einzuplanen, um diese Aufgaben auch in Zukunft meistern zu können. 650 Millionen Euro hat der Senat dafür allein in diesem Jahr an Rücklagen eingeplant.

Giffey verteidigt Wohnungsbündnis gegen Kritik aus eigenen Reihen

Giffey richtete ihre Rede nicht nur an die Opposition, sondern zu einem Gutteil auch in die eigene Koalition: Sie verteidigte in ihrer Rede das bei Grünen und Linken unbeliebte Wohnungsbündnis und die Ergebnisse. „Das ist mehr, als jedes andere Bündnis in Deutschland bisher zustande gebracht hat“, sagte Giffey. In Berlin würde nun Neubau und bezahlbares Wohnen adressiert. „Das waren intensive Verhandlungen, aber die Kunst von Politik ist das Möglichmachen“, sagte Giffey.

Sie verwahrte sich gegen Kritik daran, dass sie das Ziel ihrer „Chefinnensache“ Wohnungsbau – 20 000 neue Wohnungen im Jahr – nicht erreichen werde. „Wenn jetzt gefragt wird: Wieso seid ihr denn nicht schneller mit dem Wohnungsbau? Dann muss ich mal sagen: Guten Morgen!“ Man habe mit massiven Preissteigerungen, Material- und Personalmangel zu kämpfen – mit ausgelöst durch Krieg und Pandemie. „Trotzdem müssen wir unsere Ziele aufrecht erhalten“, warb sie.

CDU-Fraktionschef Kai Wegner kritisierte die Koalition scharf.
CDU-Fraktionschef Kai Wegner kritisierte die Koalition scharf.

© Christophe Gateau/dpa

CDU-Fraktion wirbt für Weiterbau der A100

Zuvor hatte Oppositionsführer Kai Wegner (CDU) die Haushaltsdebatte für scharfe Kritik am Senat genutzt. Der Haushaltsentwurf gleiche einem „absoluten Trauerspiel“, sagte Wegner und warf der Koalition vor, Gesinnung vor die bessere Idee zu stellen. Die CDU habe bei den Haushaltsberatungen 221 Änderungsvorschläge eingebracht, die allesamt abgelehnt worden seien. „Ihre Politik bedeutet unzählige verpasste Chancen für Berlin“, kritisierte Wegner.

Wegner nannte, etwas überraschend, die Notwendigkeit einer Verkehrswende in Berlin „Konsens“. Allerdings hält er den Weg des Senats für falsch: die Reduzierung von Parkplätzen ohne gleichzeitigen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. „Schaffen sie endlich die Angebote, damit die Menschen diese nutzen können“, sagte Wegner. Er warb außerdem für den Weiterbau der A100 und mehr Geld für Polizei und Feuerwehr.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sprach vom "Amtsmissbrauch" durch Rot-Grün-Rot.
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sprach vom "Amtsmissbrauch" durch Rot-Grün-Rot.

© dpa/Annette Riedl

Ähnlich deutlich wurde FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Er kritisierte die Koalition für die Vielzahl an Prüfaufträgen und Gutachten, die der Doppelhaushalt vorsieht. „Der gute Wille war da, die Durchsetzungskraft fehlt“, sagte Czaja. Er warb für eine „klare Priorisierung von Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur, das Bildungssystem und die Digitalisierung der Verwaltung“. Es dürfe nicht sein, dass „die Zukunftschancen der Kinder noch immer vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, sagte Czaja.

AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker warf der Koalition dagegen vor, „mit vollen Händen" Geld auszugeben, während die Bürger sparen müssten. „Brave Bürger der Stadt müssen für Schuldenorgie einstehen“, erklärte Brinker und rief den Senat dazu auf, keine weiteren Schulden zu machen.

Finanzsenator Wesener: Inflation werde an niemandem spurlos vorbeigehen

Eröffnet hatte die Debatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh. Er versuchte, die aus seiner Sicht große Linie im Haushalt zu verdeutlichen: die bezahlbare Stadt und die Entlastung der Menschen, die in Berlin wohnen. Saleh belegte das mit der Einführung eines gebührenfreien dritten Hortjahres. Die Koalition wolle ihren „sozialen Kurs konsequent fortsetzen“. Deshalb habe man sich für eine Energierücklage von 380 Millionen Euro entschieden, die Haushalten mit geringeren Einkommen zugute kommen soll.

Silke Gebel lobte Investitionen in Klimaschutz und Gesundheitsversorgung.
Silke Gebel lobte Investitionen in Klimaschutz und Gesundheitsversorgung.

© Jörg Carstensen/dpa

Einen ähnlichen Schwerpunkt setzte Linke-Fraktionschefin Anne Helm in ihrer Rede. „Wir wollen allen Teilhabe und gleiche Lebensbedingungen bieten“, sagte Helm und betonte die Wichtigkeit des Projektes „Housing First“. Damit soll die Obdachlosigkeit bis 2030 überwunden werden. Silke Gebel, Fraktionschefin der Grünen, betonte das Ziel der klimaneutralen Stadt.

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Die Koalition zünde den „doppelten Klimabooster“ aus Klimaneutralität und Klimaanpassung, sagte Gebel. Als Beispiele nannte sie den Start einer klimaneutralen Fahrzeugflotte für die Feuerwehr oder das „Green-Hospital-Programm“. Es soll Kliniken bei der Einsparung von Energie helfen.

Ihr Parteikollege Daniel Wesener, seines Zeichens Finanzsenator, schwor die Berliner sodann auf ein Ende der fetten Jahre ein. „Wer behauptet, sämtliche Krisenkosten stemmen zu können und gleichzeitig die Bürger zu entlasten, der ist entweder im Besitz der Zauberformel oder sagt die Unwahrheit“, sagte Wesener. Die Rückkehr der Inflation werde an niemandem spurlos vorbeigehen.

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