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Berlin: Heftiger Streit um „Standortfaktor“ Hochschule

Pläne zum Studienplatzabbau regen Opposition auf: „Der Senat sägt am Ast der Lebensfähigkeit Berlins“

Über den Wegfall von knapp 6 000 Studienplätzen in Berlin ist ein heftiger politischer Streit entbrannt. Während der rot-rote Senat und die Universitäten den Beschluss begrüßten, griff CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger den Senat scharf an. Der Senat säge „am Ast der Lebensfähigkeit Berlins“, sagte Pflüger dem Tagesspiegel. Wie gestern berichtet, dürfte die Zahl der Studienplätze in der Hauptstadt künftig auf 79 000 sinken. Der Senat und die drei großen Universitäten einigten sich darauf, noch einmal acht Prozent weniger Plätze anzubieten – nachdem die Zahl von bislang 85 000 Studienplätzen durch die Einsparung von 75 Millionen Euro bis zum Jahr 2009 schon vorher nicht mehr zu halten war.

Die Hochschulen wollen durch den erneuten Abbau die Betreuung der Studenten in den neuen dreijährigen Bachelorstudiengängen verbessern: Ein Dozent werde künftig weniger Studierende betreuen müssen. Wissenschaftssenator Thomas Flierl (Linkspartei) sprach von einer „Qualitätsoffensive“. Die Unis lobten die Einigung als „guten Kompromiss“. Sie hätten sich gewünscht, die Studentenzahlen weiter senken zu können, um eine noch bessere Betreuung zu schaffen. „Es nutzt nichts, die Zulassungszahlen zu halten, dann aber zu vielen Studierenden den Abschluss nicht zu ermöglichen“, sagte Susanne Baer, die Vizepräsidentin der Humboldt-Uni. Zum Wintersemester wollen die Unis die Anfängerzahlen noch nicht stark senken.

Wenn in den kommenden Jahren dann tatsächlich weniger Studenten aufgenommen werden, sollen dennoch genauso viele Absolventen die Unis verlassen wie vor der Absenkung. Die Unis verpflichten sich, mindestens 70 Prozent der Bachelorstudenten zum Examen zu führen. Bisher schaffen an der FU nur 57 Prozent der Studenten einen Abschluss, an der HU 52 Prozent, an der TU 47 Prozent.

Friedbert Pflüger, Spitzenkandidat der Berliner CDU, kritisierte die Wissenschaftspolitik des Senats heftig. „Unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen sind einer der wichtigsten positiven Standortfaktoren Berlins“, sagte Pflüger. Hier zu streichen, habe „nichts mit kluger Sparpolitik zu tun“.

FDP und Grüne unterstützen Pflüger. Berliner Abiturienten hätten bereits jetzt Probleme, in ihrer Heimatstadt einen Studienplatz zu bekommen, sagte Erik Schmidt, wissenschaftspolitischer Sprecher der FDP. Lisa Paus, die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, sagte, der Senat müsse dringend dafür sorgen, dass die Studienplatzzahl wieder steige. In der Hauptstadt studierten bereits jetzt weniger Jugendliche pro Einwohner als in München oder Dresden.

Schützenhilfe bekamen Senat und Unis dagegen aus der Berliner Wirtschaft. Für Studenten seien die Zustände an den Unis derzeit „nicht die besten“, sagte Holger Lunau von der Berliner Industrie- und Handelskammer. Mit weniger Studenten könnte „die Qualität der Ausbildung besser werden“.

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