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Berlin: Heidemarie Müller organisiert Freizeitaktivitäten und spricht vor allem Singles über 50 an

Es gibt diverse Theorien über Frauen jenseits der 30. Eine amerikanische Bestsellerautorin schrieb unlängst, dass eben diese Frauen eher Gefahr laufen, von einem Löwen angefallen zu werden, als einen Mann zu treffen.

Es gibt diverse Theorien über Frauen jenseits der 30. Eine amerikanische Bestsellerautorin schrieb unlängst, dass eben diese Frauen eher Gefahr laufen, von einem Löwen angefallen zu werden, als einen Mann zu treffen. In dem Kinoerfolg "Schlaflos in Seattle" hieß es: "Bei Frauen über 40 ist die Wahrscheinlichkeit, von einen Terroristen erschossen zu werden größer, als einen Partner zu finden." Egal, welcher Theorie man beziehungsweise frau nun Glauben schenken will, besonders vertrauenerweckend klingen sie beide nicht.

Natürlich versprechen Kontaktanzeigen oder Singleklubs Besserung. Gerade in Großstädten floriert das Geschäft mit der Beziehungskisten-Vermittlung. Was nicht heißt, dass der ersehnte Prinz dann auch wirklich mit Blumen vor der Tür steht. Meist ist das Gegenteil der Fall, meint zumindest Heidemarie Müller. Nach zwei gescheiterten Ehen hat sie so ziemlich alles ausprobiert, was auf dem hart umkämpften Markt zu haben ist. Da sie dachte, sie könne nicht alleine leben, hat sie sich auch mit verheirateten Männern eingelassen, einem Alkoholiker beigestanden oder sogenannte "Besser als nichts" - kurz "Ban"-Beziehungen geführt.

Schließlich versuchte sie mit Kontaktanzeigen ihr Glück: "Als ich die Männer gesehen habe, hätte ich jedes Mal wieder gehen können. Durch die Stimme am Telefon habe ich mir ein Bild gemalt, was ich nicht bestätigt gefunden habe", erinnert sich die 57-Jährige. Zuletzt probierte Heidemarie Müller auch Singleklubs und fühlte sich völlig betrogen.

Als sie mit einer Klage drohte, kam sie zumindest aus dem Vertrag heraus und musste nicht weiter zahlen. Seit zwei Jahren leitet sie selber so etwas wie einen Singletreff. In zwei Punkten unterscheidet sich die kleine, quirlige Frau, die ohne Punkt und Komma redet und alles andere als schüchtern zu nennen ist, von ihrer Konkurrenz aber völlig. Ihre Arbeit übt sie ehrenamtlich aus und bei ihren Tanzveranstaltungen und Freizeitaktivitäten sind auch Paare willkommen.

"Wer auf Teufel komm raus einen Partner sucht oder schnell mal ein warmes Bett braucht, ist bei uns fehl am Platz", sagt sie, um Mißverständnissen vorzubeugen. Auch Männer, die nur an der Bar stehen und auf Claudia Schiffer warten, würden bei ihr herbe enttäuscht. Umgekehrt seien aber auch Supermänner wie Richard Gere spärlich gesät. Auf Äußerlichkeiten kommt es bei den Tanz-, Literatur- oder Spielabenden eben nicht an.

"Viele sind einfach sehr einsam oder haben eine schmerzliche Trennung hinter sich und freuen sich gemeinsam etwas zu erleben", erklärt sie die Motivation ihrer Gäste. Auf ihren bunten Ankündigungszetteln, die sie bei den Veranstaltungen auslegt, wirbt sie dann auch mit "Klubgefühl in Freiheit. Verträge? Nein danke!". Wer mag, der kommt und wer nicht mag, läßt es bleiben. Gerade bei den Tanzveranstaltungen hätte sie allerdings schon gerne mehr Männer. "Viele bleiben aber immer noch lieber hinter dem Ofen, als sich zur Musik zu bewegen." Deshalb hat sie ihren Frauen inzwischen beigebracht, auch miteinander zu tanzen oder lässt gleich offene Tänze einstudieren.

Mit 30 Gästen fing alles an, heute kommen rund 100 zu ihren Veranstaltungen. Heidemarie Müller freut es besonders, dass die Aktivitäten inzwischen Eigendynamik entwickelt haben. "Die Leute rufen sich auch gegenseitig an und unternehmen Fahrradtouren oder verreisen zusammen." Natürlich ist auch schon der ein oder andere Frosch wach geküßt worden. Für die vierfache Mutter und bekennende Christin war allerdings noch nicht der Richtige darunter. Vielleicht, weil sie nicht mehr an Prinzen glaubt? Doch wahrscheinlicher ist eine andere Erklärung: Ihre freiwillige Tätigkeit füllt Heidemarie Müller so aus, dass sie sich schon lange nicht mehr einsam fühlt. Ihrer Kreativität sind schließlich auch keine Grenzen gesetzt.

Erst kürzlich startete sie eine Selbsthilfegruppe mit dem Titel "Single und nicht mehr 30! Schicksal oder Chance?", auf die sie sich mit entsprechender Lektüre vorbereitete. Mit Werner Grothe, einem guten Freund und ehemaligen Geliebten, hegt sie aber auch langfristige Pläne. Gemeinnützig sind diese ebenfalls. Eine Solidargemeinschaft für das Alter wollen die Beiden gründen. Eine Art zweite Rente, die nicht auf Geld, sondern auf Hilfeleistung basiert. Am liebsten in einer großen Wohngemeinschaft, wo jeder trotzdem sein eigener Chef bleibt.Jeden zweiten und vierten Sonntag im Monat findet in den Räumen des TSC Weiß-Grün, Bundesallee 86, von 16 bis 20 Uhr eine Tanzparty mit Anleitung statt. Außerdem jeden ersten und dritten Sonnabend in der Tanzschule Broadway, Askanierring 155, 19.30 bis 24 Uhr. Alle weiteren Veranstaltungen können unter Heidemarie Müllers Infoline Tel. 796 30 44 oder direkt unter Tel. 766 78 788 erfragt werden.

Julia Rehder

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