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Der Checkpoint Charlie ist ein beliebter Ort bei Touristen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Heikle Trockland-Partner und ein gespaltener Senat: Warum wird um den Bau am Checkpoint Charlie so viel gestritten?

Der Investor Trockland will am Checkpoint Charlie bauen, hat aber heikle Partner. Der Senat ist sich uneinig. Ein Überblick über die Streitigkeiten.

Warum ist Touristen und Berlinern der Checkpoint Charlie so wichtig?

Weil dieser Ort während des Kalten Krieges weltweit symbolhafte Bedeutung erlangt hat. Am Checkpoint standen sich russische und amerikanische Panzer schussbereit gegenüber, hier hat der Westen die Demokratie verteidigt, es gibt Geschichten um Flucht und Spionage, deren Spuren Touristen aus aller Welt bis heute dort suchen.

Deshalb stehen Teile des Checkpoints unter Denkmalschutz. Am Checkpoint gibt es aber auch zwei unbebaute Grundstücke östlich und westlich der Friedrichstraße. Das Land plant dort ein Museum und einen Gedenkort. Die Firma Trockland will dort bauen. Der Senat verhandelt mit Trockland und hat mit dieser Firma eine Absichtserklärung mit geheim gehaltenem Inhalt unterzeichnet. Warum Trockland ein heikler Partner ist, lesen Sie hier.

Warum gibt es Streit?

Weil in den ersten öffentlichen Planungswerkstätten Planer und Politiker Anstoß an den Festlegungen zugunsten der Firma Trockland nahmen. So soll auf dem östlichen Grundstück, wo früher wichtige Grenzkontrollstellen lagen, eine Filiale der Franchise-Kette „Hardrock-Hotel“ entstehen, das den Gedenkort in den Schatten stellen würde, so die Gegner. Diese fordern stattdessen dort einen sichtbaren Museumsbau mit einem größeren Vorplatz als bisher geplant. Bisher soll das Museum des Kalten Krieges zur Miete unterkommen, zwei Drittel der Fläche im Untergeschoss eines auf dem westlichen Grundstück geplanten Trockland-Baus – für 22 Euro je Quadratmeter.

Ist sich der Senat einig über die Pläne?

Nein – und der Riss geht nicht nur zwischen den regierenden Parteien, sondern teilweise auch mitten durch dieselben. Nur die Grünen-Fraktion ist sich grün: Sie fordert einen Rückkauf des Grundstückes östlich der Friedrichstraße durch das Land, damit dort ein Museumsbau in öffentlicher Regie entsteht. In der Linken fordern einige, eine Enteignung zu prüfen, während Kultursenator Klaus Lederer dem Trockland-Deal zuneigt. Dasselbe gilt für den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Müller lehnte auf dem Landesparteitag jüngst die Forderung des Bezirksverbandes Mitte der SPD ab, die Museums-Fläche zurückzukaufen. Im laufenden Verfahren mit Trockland gebe es „keine Handlungsoptionen“ und er sei „unter bestimmten Bedingungen bereit, mit dem Investor in die Umsetzung zu gehen“, so Müller.

Wer ist eigentlich Trockland?

Eine Firma gegründet von Heskel Nathaniel, der seit 1990 in Deutschland lebt. Der schillernde Investor ist bekannt dafür, Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenzubringen und mit ihnen gemeinsame Projekte durchzuziehen. So hat er vor 15 Jahren mit jungen Israelis und Palästinensern eine gewagte Antarktis-Expedition unternommen. Das „Breaking Ice-Project“ unterstützen damals der Dalai Lama und Wolfgang Thierse. In Deutschland war er vor allem als Immobilienentwickler tätig, seine Projekte wurden über die Jahre immer spektakulärer.

Der frühere US-Botschafter John C. Kornblum ist Berater in seiner Firma. Die Trockland habe er mit „Freunden aus Studienzeiten“ gegründet, sagt Nathaniel, einige leben auf Zypern, andere in London. Seinen Finanzchef aus Russland habe er vor sieben Jahren kennengelernt, Trockland habe ihn als Investor mit einem Projekt überzeugt. Deshalb habe er einsteigen wollen – das ist Vladimir Sokolov, Schwiegersohn des vor zwölf Jahren gestorbenen turkmenischen Despoten Saparmurat Niyasov. Sokolov und Nathaniel lernten sich in der Zeit kennen, als „Trockland den Kinderschuhen entwächst“, wie es auf der Website der Firma über das Jahr 2010 heißt, ein paar Jahre später stieg er dann als Finanzchef ein.

Was sagt der Trockland-Chef selbst über das Vorhaben und seine Partner?

Der Freund, mit dem er das erste Trockland-Projekt in der Nollendorfstraße gemacht habe, sei Zypriote, sagte Unternehmenschef Nathaniel einmal in einem Tagesspiegel-Interview. Und weiter: „Ich kenne ihn seit dem Studium in London vor 30 Jahren. Ich lebe seit 28 Jahren in Deutschland, bin uneingeschränkt steuerpflichtig. Wir versteuern alles in Deutschland, alle Objektgesellschaften sind in Berlin ansässig. Sokolov und ich kennen uns seit sieben Jahren. Er ist eng im Unternehmen als Partner eingebunden und verantwortet einige operative Bereiche. Er ist eine wesentliche Säule im Unternehmensalltag und er wohnt in London. Ich finde es unerträglich, dass jemand wegen seiner Staatsbürgerschaft, ob er nun aus Israel oder Deutschland kommt, vorverurteilt wird.“

Wem gehören überhaupt die Grundstücke und wie geht es jetzt weiter?

Niemandem ganz: Seit der Pleite des früheren Investors verfügt seit 2003 der Insolvenzverwalter über die zwei Grundstücke. Trockland hat Nathaniel zufolge mit diesem einen Optionskaufvertrag über den Erwerb der beiden Flächen abgeschlossen. Diese Option endet am 31. Januar 2019. Falls der Verkauf stattfindet, könnte das Land Berlin nach Angaben von Finanzsenator Matthias Kollatz „reingrätschen“ durch die Ausübung seines Vorkaufsrechtes. Falls die Option verstreicht, könnte der Senat mit dem Insolvenzverwalter eine Übernahme der Flächen in Landeseigentum verhandeln. Die dritte Möglichkeit ist eine Zwangsversteigerung der Flächen durch den Insolvenzverwalter. Dann könnte das Land mitbieten, so wie jeder private Investor auch.

Warum hält das Land am Investor Trockland fest?

Das ist unklar. Der Regierende Bürgermeister soll von einer unwürdigen Situation am Checkpoint gesprochen haben, andere aus der SPD kritisieren den „Büdchenzauber“ an dem Gedenkort. Ohne den Trockland-Deal drohe die Gefahr, „dass dort über weitere Jahre nichts passiert“, so Müller.

An der Meinungsbildung unter den Genossen beteiligen sich außerdem frühere SPD-Spitzenkräfte: Trockland beschäftigt Klaus-Peter Schmidt-Deguelle. Er war Regierungssprecher und Staatssekretär in der hessischen Landesregierung. Zeitweilig arbeitete damals auch die heutige Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Finanzen Margareta Sudhof in der Wiesbadener Regierung, die im Auftrag des Finanzsenators auch Anfragen zu Trockland beantwortet. Die Finanzverwaltung sagt, es habe keine Termine mit Schmidt-Deguelle und Sudhof in der Causa gegeben.

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