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Berlin: Heilig ist die Restfamilie

AUFTRITT DER WOCHE Die Kellys besuchen Berlin Paddy, Patricia, Kathy und Paul singen Festliches.

Eins vorweg: Es handelt sich hierbei nicht um ein Comeback, sondern um ein „außergewöhnliches Projekt“. Dies sei ausdrücklich betont, damit es keine Missverständnisse gibt. Es wäre ja auch rein formell nicht korrekt, denn statt der einst neun Bandmitglieder der berühmt-berüchtigten Kelly Family werden diesmal nur vier auf der Bühne stehen. Paddy, Patricia, Kathy und Paul, um genau zu sein. „Stille Nacht“ lautet der Titel ihres Programms, mit dem sie am heutigen Montag im – ausverkauften – Admiralspalast und am Freitag in der Max-Schmeling-Halle auftreten.

Treibende Kraft hinter der Show ist Paddy Kelly, einst Mädchenschwarm der irisch-amerikanischen Band. Die zurückliegenden sechs Jahre verbrachte er in einem französischen Kloster, studierte Philosophie und Theologie. Nun zieht es ihn wieder ins Rampenlicht. Seinen Alltag als Mönch bezeichnet der 34-Jährige rückblickend als „die außergewöhnlichste Zeit meines Lebens“. Dass diese Erfahrung ihn nachhaltig geprägt hat, spiegelt sich auch im neuen Programm wieder. „Unser Wunsch ist es, ein musikalisches Bühnenwerk auf die Beine zu stellen, in dem die Weihnachtsgeschichte im Mittelpunkt steht und menschliche Werte vermittelt werden“, sagt er. Das sei ihm „in dieser gestressten und von Konsum geprägten Gesellschaft ein Anliegen“.

So ändern sich also die Zeiten. Vor gut 20 Jahren waren der Band noch ihre Plattenverkäufe ein Anliegen. Als Straßenmusiker zogen sie von Stadt zu Stadt, spielten unter anderem auf dem Alexanderplatz – und brachten so ganz beiläufig ihre CDs, die man bei diesen Auftritten erwerben konnte, unters Volk. Schon damals wurde der musizierende Familienclan von manchen Schaulustigen milde belächelt, unter anderem wegen seiner Vorliebe für modisch fragwürdige Kleidung. Derartigen Spott ignorierte die Kelly Family jedoch, sie fokussierte sich statt dessen auf ihre Arbeit. Ihren Durchbruch feierte sie 1994 mit dem Album „Over the Hump“. Die Platte verkaufte sich allein in Deutschland mehr als zwei Millionen Mal.

Zusammen auf der Bühne sah man die Gruppe zuletzt zur Jahrtausendwende. Einige Bandmitglieder haben sich komplett aus dem Musikgeschäft zurückgezogen, andere widmen sich Soloprojekten. Angelo Kelly, einst Nesthäkchen und Schlagzeuger der Gruppe, veröffentlichte in den zurückliegenden fünf Jahren weitgehend unbemerkt drei Platten; der 30-Jährige ist mittlerweile verheiratet und Vater von vier Kindern. Schwester Maite spielte in Köln an der Seite von Uwe Ochsenknecht im Musical „Hairspray“, war dieses Jahr in der RTL-Show „Let’s dance“ zu sehen, nahm eine Platte auf und trat zuletzt bei der Papstmesse im Olympiastadion auf. Für Joey Kelly scheint Musik heute nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen – er ist seit geraumer Zeit passionierter Marathonläufer.

Offiziell getrennt hat sich die Band nicht. „Pause ohne Ende“ lautet die Sprachregelung, auf die sich die neun Familienmitglieder verständigt haben. Pläne für ein Comeback gäbe es nicht, sagte Patricia Kelly einst in einem Interview. Komplett ausschließen wollte sie die Möglichkeit aber auch nicht. Vorerst konzentriert sie sich auf das aktuelle Programm, alle Beteiligten seien „hoch motiviert“ und würden sich auf die Konzerte freuen, vor allem auf „die Begegnung mit unserem Publikum“. Eigennutz kann man ihr und ihren Geschwistern jedoch nicht unterstellen. Ein Teil der Einnahmen wollen sie an das Bonifatiuswerk spenden, um den Bau von Schulen und Kindergärten zu unterstützen. Nana Heymann

Max-Schmeling-Halle, Freitag 23. Dezember, 18 Uhr, ab 34 Euro

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