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Heiko Herberg ist parlamentarische Geschäftsführer der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

© Sidney Gennies

Heimliche Fans in der Opposition: Warum ein Pirat für Michael Müller stimmte

Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller, ist gewählt – auch von Teilen der Opposition. Gespräch mit Pirat Heiko Herberg, der mit der großen Koalition stimmte.

Der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller hat heimliche Fans im Abgeordnetenhaus, keine Frage. 87 Jastimmen erhielt er im Parlament. Zwei Stimmen mehr, als die große Koalition aus SPD und CDU hat. Es stimmten also mindestens zwei Oppositionspolitiker auch für Müller. Oder mehr. Denkbar ist auch, dass einige Parteifreunde Müller zumindest im ersten Wahlgang ihre Stimme nicht gaben. Wer wie abgestimmt hat, ist geheim. Sicher ist aber, dass Müller mindestens eine Stimme aus der Piratenfraktion bekommen hat. Und zwar von deren parlamentarischem Geschäftsführer, Heiko Herberg. Der teilte das freimütig bei Twitter mit.

Herr Herberg, Sie haben als Mitglied der Opposition für Michael Müller gestimmt. Warum?

Bei der Vereidigung muss der Regierende Bürgermeister schwören, dass er seinen Job zum Wohle des Volkes und unparteiisch ausübt. Daran werde ich ihn messen. Ich bin zwar bei einigen Punkten überhaupt nicht seiner Meinung, etwa beim Bau der A 100 oder seinen Vorstellungen zu Bürgerbegehren. Aber ich glaube, dass er die 100 Tage, die man normalerweise einem neuen Regierenden gibt, um sich zu beweisen, verdient hat.

Was müsste er denn tun, damit Sie Ihre Entscheidung nicht bereuen?

Er muss dafür sorgen, dass die Haushaltsüberschüsse, die wir haben, für Investitionen eingesetzt werden und nicht wieder in der Schuldentilgung verschwinden. Und er muss sein Versprechen, die Bürger bei Großprojekten zu beteiligen, auch einlösen. Das heißt, ein Desaster wie beim Tempelhofer Feld darf es nicht noch einmal geben.

Haben Sie das Gefühl, dass Müller das besser hinkriegt als sein Vorgänger Klaus Wowereit?

Ich habe Vertrauen, dass er überhaupt etwas anders machen wird. Klaus Wowereit war nach der Verschiebung der BER-Eröffnung politisch so angeschlagen, dass er eigene Projekte gar nicht mehr durchführen konnte. In der Bevölkerung war er auch so unbeliebt, dass er nicht mehr auf den Tisch hauen und die Richtung vorgeben konnte. Müller hat ein anderes Standing, das ihm mehr Möglichkeiten bietet. Ich denke, dass sich etwas ändert.

Was sagen Ihre Fraktionskollegen dazu, dass Sie mit der Koalition gestimmt haben?

Wir haben keinen Fraktionszwang. Wir haben gesagt, dass wird eine der wenigen individuellen Entscheidungen, die jeder Abgeordnete für sich selbst treffen muss.

Sie gehen davon aus, dass noch mehr Piraten für Müller gestimmt haben?

Ich gehe davon aus, dass mehr als nur ein paar Leute auch aus anderen Oppositionsfraktionen für ihn gestimmt haben. Dass 100 Prozent aller Abgeordneten von SPD und CDU für Müller gestimmt haben, kann ich nicht glauben.

Das Gespräch führte Sidney Gennies.

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