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Heimspiel: Henkel in Schmitts Revier

Nachdem der alte CDU-Chef Ingo Schmitt sein Amt vor einer Woche aufgeben musste, wurde sein Nachfolger Frank Henkel im Kreisverband mit Freude in Empfang genommen. Henkel soll die Partei aus ihrer inhaltlichen Lethargie führen.

Was waren sie nett zum neuen Chef. Frank Henkel, designierter CDU-Landesvorsitzender, besuchte den Kreisverband seines Vorgängers im Amt, der saß auch noch neben ihm auf dem Podium – und alle waren bester Dinge. Das ist durchaus erwähnenswert. Denn Ingo Schmitt, Chef der CDU Charlottenburg-Wilmersdorf, und seine rund 60 Anhänger hätten Henkel auch kühl und reserviert empfangen können. Schließlich hatte Schmitt sein Amt vor gut einer Woche unter einem Druck aufgegeben, den auch Henkel aufgebaut hatte. Nun soll der neue Chef die Partei aus der inhaltlichen Lethargie führen, die der alte zu verantworten hat.

Das ist die Außensicht. Im Innern des CDU-Kosmos, an der Basis, sieht man die Dinge anders. Da freut man sich, nach allem Ärger wieder Grund zum Applaudieren zu haben, wenn Frank Henkel erklärt, dass zwar „schwere Zeiten“ hinter der Partei lägen, nun aber aus dem Einbruch ein Aufbruch werden solle. Schon als Generalsekretär hat Henkel gezeigt, dass er poltern und die Art von politischen Formeln schmieden kann, die die eigenen Leute gern hören. So macht er nun weiter. „Freiheit zur Selbstverwirklichung“ will er. Damit spricht er die an, die „Freiheit“ wichtiger finden als Gleichheit oder Gerechtigkeit. „ABS“ will er, Arbeit, Bildung, Sicherheit – das ist so eine Formel, die bei den sogenannten kleinen Leuten gut ankommt. „Wirtschaft ist so ein kalter Begriff“, sagt Henkel, „ich rede lieber über Arbeitsplätze“. Bildung? Die CDU hat Diskussions- und Entscheidungsbedarf in Sachen Hauptschule, das gibt Henkel zu. Doch dann schließt er die Reihen der 60 Zuhörer in der eleganten, sonst allein der Kultur dienenden Villa Oppenheim an der Schloßstraße und gibt der rot-roten Schulpolitik einen Schlag mit: Klaus Wowereit hat mit der „Partei der Mauermörder“ die „sozialistische Einheitsschule“ auf den Weg gebracht – dagegen müsse man opponieren.

Henkel hat Sinn für den Umgang mit der geschundenen Parteiseele. Er will „die Reihen schließen und endlich wieder die Auseinandersetzung mit Rot-Rot“ führen. Er will die Zusammenarbeit in der Opposition und auch Jamaika, weil die Koalition nur zwei Stimmen Mehrheit hat. Aber er will auch, dass die CDU in der Opposition erkennbar bleibt. Bei solchen Bemerkungen klatschen sie besonders laut. Und als Ingo Schmitt, der nicht so aussieht, als trauere er dem Amt hinterher, dann noch sagt, er sei „froh“, dass Henkel den Landesvorsitz übernehmen wolle, ist die Partei für diesen Abend gerettet.

Jedenfalls in Charlottenburg-Wilmersdorf. In anderen Kreisverbänden ist von Aufbruchsstimmung nicht so viel zu spüren, eher Grimm darüber, dass Henkel ganz schnell auf einem kleinen Parteitag gewählt werden soll, die Beteiligung der Basis am „Aufbruch“ über Regionalkonferenzen ein wenig im Ungefähren bleibt. Bei Tamara Zieschang vom CDU-Ortsverband Bernauer Straße in Mitte melden sich täglich neue Unterstützer ihres Aufrufs zu einer „Modernisierung“ der Partei. Die soll sich daran zeigen, dass die Basis über Personal- und Sachfragen „direkt“ mitentscheidet. (wvb)

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