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Berlin: Heiß aufs 90 Grad

Die Träume sprinten in alle Richtungen: Beate Wendenburg, 37 und Marketingfrau, will mit dem Club zu neuen Höhenflügen starten

Geht das? Ein Yuppie im Vintage-Look. Ein Mädchen auf Manager-Maloche. Eine lange blonde Mähne auf einem Kopf, der dezidiert Richtung Erfolg tickt. „Das passt schon“, ist ein Lieblingssatz von Beate Wendenburg. Die 37-Jährige ist seit wenigen Tage Chefin des „90 Grad“ und entschlossen, den legendären Club in eine neue Ära des Erfolgs zu führen. Viele Stars haben hier getanzt in den vergangenen Jahren: Dustin Hoffman, Sean Penn, George Clooney. Britney Spears scheiterte am Türsteher, der dafür dann entlassen wurde.

Mit 17 Jahren gehört das 90 Grad zu den arriviertesten In-Clubs des Landes. Und Beate Wendenburg will mit neuen Konzepten zu neuen Höhenflügen aufbrechen. Sie will nicht alles ändern, im Gegenteil. Alte Ecken, wie der Tisch hinter der Bar, sollen unbedingt bleiben. Sie freut sich, dass Britt Kanja, eine der eingeführten Galionsfiguren, hier demnächst ihren Geburtstag feiert. Und sie freut sich auf ein gut gemischtes Publikum, eben Alt und Jung, auf verschiedene Leute, von den Türstehern so kunstvoll gemixt wie die Musik der DJs. Das Stammpublikum müssen die natürlich kennen, aber gleichzeitig offen sein für kreative Ideen. Sie will, dass die Leute sich wohlfühlen, dass sie nicht lange anstehen müssen für den nächsten Drink, sondern von Service-Kräften umworben werden, die von sich aus merken, wann Nachschub willkommen ist.

Noch muss sie erst richtig landen in ihrem neuen Club. „Ein Meeting jagt das nächste“, sagt sie bedeutungsschwer und etwas außer Atem. Anfang der 90er Jahre, als es noch ein Insider-Tip war, da hat sie hier schon getanzt. Aber dann brach die gebürtige Mariendorferin auf, um Karriere zu machen. Die Marketing-Expertin arbeitete bei Daimler-Chrysler und bei BMW, kümmerte sich um Smart und Mini, war viel im Ausland unterwegs, war für Events, Sponsoring und Messen zuständig und befand irgendwann, dass die 15 Jahre bei den großen Unternehmen „eine gute Schule waren“. Dass sie aber nicht, wie so viele, in dem sicheren Job verharren wollte. „Es gibt doch noch so viel anderes auf der Welt.“ Sie wollte in eine Branche gehen, wo sie noch nicht zu Hause war. Klar ist das ein Risiko. Na und?

Auf dem schummerigen Sofa, das vom Kaleidoskop mit Glitzerflecken übersät wird, sieht sie für so viel Selbstbewusstsein erstaunlich zart aus mit ihren goldenen Sandalen, dem breiten, glitzrigen Gürtel über dem weiten Rock in drei Schattierungen Purpur, dem braunsamtigen Kapuzen-Shirt mit Bommeln dran. Den Designer kennt sie nicht, „hat mir eine Freundin geschenkt“. So eine Mischung aus Dornröschen und Aschenbrödel gibt sie da. Erst draußen vor der violetten Wand leuchtet die Sonne das Entschlossene in ihrem Gesicht aus.

Obwohl man ihr zutraut, dass sie’s auch alleine schafft, stand trotzdem ein Prinz bei den Verhandlungen an ihrer Seite. Thomas von Coburg-Sachsen ist ihr Freund, der 38-jährige selbstständige Unternehmer hat geholfen bei den Verhandlungen und wird am Anfang auch mit einen Blick aufs Geschäftliche haben, aber keinesfalls vollberuflich mit einsteigen. Dass das mal falsch dargestellt wurde, hat ihr überhaupt nicht gepasst.

Sie will das Gesicht des 90 Grad werden. Noch sprinten ihre Träume in verschiedene Richtungen. Sie will neue Erlebnisse schaffen, würde gern auch was zum Essen anbieten, keine große Küche, nur so Snacks gegen den Hunger, aber da muss sie erst die Sache mit den Konzessionen klären. Und natürlich hätte sie gern auch Live Acts, Saxofon-Spieler kann sie sich gut vorstellen. Vor allem aber sollen gute internationale DJs kommen. Da habe sie schon was eingetütet.

Ihr Netzwerk ist groß, durch die guten Kontakte erfuhr sie letztlich auch, dass Vorgänger Nils Heiliger den Club in gute Hände abgeben wollte. Am Ende war sie es, die den Zuschlag erhielt. Persönlich mag sie House, aber nicht nur, da es doch heute auf die Tageszeit ankomme, welche Musikrichtung man mag. Anfangs wird sie sich darauf konzentrieren, dass der Freitag und der Sonnabend richtig gut werden. Aber vielleicht nimmt sie irgendwann einen Tag dazu, an dem es früh losgeht und dafür schon um Mitternacht Schluss ist. Warum nicht auch mal Geschäftsleute mit yuppiesken Terminkalendern zum Tanzen verführen?

Das P 1 in München gefällt ihr und die Buddha Bar in Dubai. Am wohlsten fühlt sie sich am Strand, gern in St. Tropez und auf Mykonos. Bisher hat sie inkognito getanzt, künftig will sie auch mit den Gästen feiern. Nach allem,was sie so sagt, kann es keinen Zweifel geben, was für Gäste das in ihren Augen idealerweise sein sollen: kreative Menschen, die sich mit sich selber wohlfühlen. Wenn das passt, dann spielen Alter, Outfit und Berühmtheitsgrad nur noch eine Nebenrolle.

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