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Berlin: Hello Weber (Geb. 1921)

Deutsche Wiesen auf Teneriffa, der perfekte Nordseestrand bei Agadir.

Männer wie ihn gibt es nicht mehr. Bärtige Pfeifenraucher, die ihren Wodka gern pur trinken. Die in der Welt herum gekommen sind, aber davon nicht viel Aufhebens machen. Die sich ihren Teil denken, ohne alles sofort mit einem goldenem Füllfederhalter ins Stammbuch der Menschheit schreiben zu wollen. Hello Weber hätte durchaus in einem seiner eigenen Werbefilme mitspielen können.

„The more you know …“ – die durchschnittliche Lebenserwartung eines Werbespruchs beträgt 1,83 Jahre. Nur 13 Prozent erleben ihren zweiten Geburtstag. Die Klassiker kann man an einer Hand abzählen. „Und er läuft und läuft und läuft“, „Auf diese Steine können Sie bauen“, „Wer wird denn gleich in die Luft gehen …“

Die Sechziger, das waren die goldenen Zeiten der Markenprodukte – und des beschwerdefreien Tabakkonsums. Für den Feinsinnigen gab es die Lord Extra, für die Rauhen die Roth-Händle, für den Choleriker die HB. Und dann gab es da noch für den Mann von Welt die Peter Stuyvesant: „Der Duft der großen, weiten Welt!”

Für all jene, die davon träumten, mit Doris Day in einer silbernen Pan Am Nonstop um die Welt zu fliegen.

Hello Weber bebilderte solche Sehnsüchte wie kaum ein anderer. Der deutsche Film war in den fünfziger Jahren Kulissenschieberei der heilen Welt, damit konnte Hello – seine Mutter hatte ihm den Vornamen gegeben, auf dass er „helle“ werde – nichts anfangen.

Er ging in die Werbung, dort gab es das Geld und die Freiheit für ungewöhnliche Projekte. Er machte aus dem Reklamefilm den Werbefilm, damals für viele Zuschauer ein Fenster zur Welt.

Was ihn an seiner Arbeit künstlerisch reizte: „Aus einem uninteressanten Produkt ein interessantes zu machen“, sei es die CDU, die Sozialistische Partei Österreichs, oder die Zoeppritz-Wolldecken.

Qualität hat ihren Preis. In den Sechzigern kostete ein Meter Spielfilm 300 Mark, ein Meter Werbefilm hingegen 1000 bis 4000.

Atelier-Kulissen waren verpönt. Für ein Stück blauen Himmels reiste man in den Sudan. Die schönsten deutschen Wiesen fanden sich auf Teneriffa, und der perfekte Nordseestrand in der Nähe von Agadir.

Perfektes Illusionstheater. Und so kamen auch Anfragen aus der Politik. Er erhielt den Auftrag, 1970 die Bundesrepublik Deutschland in einem Neun-Minuten-Farbfilm für die Weltausstellung in Osaka zu porträtieren. Nur keine Behäbigkeit, schnelle Schnitte, bis zu acht Bilder gleichzeitig auf der Leinwand, Dynamik – den „Sauerkrautduft, der sonst durch viele Deutschland-Werbefilme wehte“, vermied er, was ihm harsche Vorwürfe einbrachte. Der Finanzminister Möller entrüstete sich darüber, dass in dem Film demonstrierende Jugendliche zu sehen waren.

Aber auch dieser Film wurde prämiert, 42 internationale Filmpreise gewann Hello Weber im Lauf seiner Karriere, darunter auch einen für den Kurzfilm „Berliner Impressionen“.

Er war ein „besessener Berliner“. Als viele andere strategische Standortflucht begingen, blieb er in seiner Heimatstadt. In 23 Jahren drehte er über 4000 Filme, zeitweilig waren bis zu 70 Mitarbeiter bei ihm beschäftigt.

Er rief das „Aktions-Komitee Filmstadt Berlin“ ins Leben, um „die kreativen Köpfe“ in der Stadt zu halten. „Es kann nicht jeder aus Berlin weggehen“, betonte er immer wieder. Ihm gelang, dass Los Angeles offiziell die Film-Patenschaft für Berlin übernahm. Im „Sister City Committee“ saß auch Billy Wilder. Er war der festen Überzeugung, Berlin sei nach wie vor Weltstadt oder könne es zumindest wieder werden. Eine Hoffnung, für die er einen hohen Preis bezahlte. 1975 musste er mit seiner Firma Konkurs anmelden, ein Konkurs, der gänzlich zu seinen Lasten ging, nicht zu denen seiner Mitarbeiter. Er blieb im Geschäft, war als Berater gefragt, gründete einen kleinen Verlag, hielt Kontakte zu Freunden und Kollegen.

Es wurde ganz allmählich stiller um ihn, wirklich einsam war er nie, auch zuletzt nicht. „Alleinsein ist etwas sehr Schönes“, sagte er gelegentlich, „wenn da einer ist, dem man davon erzählen kann.“ Gregor Eisenhauer

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