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Berlin: Herbert Köhler Geb. 1907: Er war "etatmäßiger Torsteher". Aber als Kassierer machte er sich um seinen Verein besonders verdient

Ein Sportverein braucht zwei Sorten von Mitgliedern. Erstens Leute, die gerne und vor allem schnell laufen, und zweitens Leute, die den Verein am Laufen halten.

Ein Sportverein braucht zwei Sorten von Mitgliedern. Erstens Leute, die gerne und vor allem schnell laufen, und zweitens Leute, die den Verein am Laufen halten. Letztere werden oft Vereinsmeier genannt. Sie stehen selten auf dem Treppchen, gewinnen kaum mal einen Pokal. Sie sind nicht die großen Sportskanonen, aber der Sportverein ist für sie wenn nicht alles, dann doch mindestens Familie. Ohne sie liefe nichts: Sie sorgen dafür, dass die Schlüssel für die Umkleidekabinen da sind, dass der Transport zum nächsten Spiel oder Turnier gesichert ist, dass das Spielfeld markiert und vor allem die Mitgliedsbeiträge bezahlt sind. Sie treiben auch selbst Sport, aber das ist vielleicht gar nicht so wichtig.

Herbert Köhler war so einer, für den SCC, den Sportclub Charlottenburg, setzte er sich mit Leib und Seele ein. Viele Jahre engagierte er sich auch sportlich, als - wie es im Vereinsheft heißt - "etatmäßiger Torsteher" der 1. Herrenmannschaft im Hockey. Ganz in schwarz, auf den schon früh schütteren Haaren die Schiebermütze, versuchte er möglichst wenig Tore zu kassieren. Schon bald machte er sich für den Verein auf anderem Gebiet unentbehrlich: Der gelernte Bankkaufmann hatte 33 Jahre die Finanzen der Hockeyabteilung im Griff. Als das Mommsenstadion, jenseits der Messehallen in den Vierziger Jahren gebaut wurde, gehörte er zu denen, die anpackten. Er schleppte Steine, schaufelte Sand, so als ginge es darum das eigene Heim wieder aufzubauen.

Für Herbert Köhler war der Verein das Zuhause. Verheiratet, aber kinderlos war der Verein ihm und seiner Frau Familienersatz. Das Gemeinschaftsleben genoss der große, stets sorgfältig gekleidete Mann, solange es ihm möglich war. Noch heute gibt es unter den Seniorinnen des Vereins einige, die sich an den charmanten Erzähler und den leidenschaftlichen Tänzer erinnern. Wann immer getanzt wurde, war Herbert Köhler, der erste auf dem Parkett.

Tragisch, dass ausgerechnet die Beine ihm in den letzten Jahren den Dienst versagten. Geklagt hat er darüber nicht. Er wechselte die Disziplin. Mit seinen Freunden aus dem Verein spielte er Skat und schreckte vor keiner Pokerrunde zurück. Zu seinem 93. Geburtstag, nur wenige Wochen vor seinem Tod, hatte er, wie es sich eben gehörte, nur die Familie eingeladen - seine Vereinskameraden.

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