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Veteranin. Lou war 2003 in Riga dabei und singt heute in der Kulturbrauerei. Foto: dapd

© ddp

Berlin: Heute ist Eurovisionszirkus: Germany – twelve points!

Auch in Berlin kann man an vielen Orten live in Baku dabei sein Beim Public Viewing zum Song Contest im fernen Aserbaidschan.

„Häh? Wo ist das denn?“ Diese Frage hat Veronika Belyavskaya früher oft gehört, wenn sie sagte: „Ich komme aus Baku.“ Jetzt wissen alle, dass die Stadt in Aserbaidschan liegt, weil dort in diesem Jahr der Eurovision Song Contest ausgetragen wird. Vor etwa 20 Jahren saß Belyavskaya als kleines Mädchen dort, in Baku, vor dem Fernseher und guckte den Wettbewerb, der damals meist Grandprix genannt wurde. „In meiner Musikerfamilie war das immer eine große Sache“, sagt die heute 25-jährige Sängerin, die unter dem Künstlernamen Nica als Teil des Sängerduos Nica & Joe durch die Casting-Show „X-Factor“ bekannt wurde.

Nicas Leben verlief fast so international wie der Liederwettbewerb: Über Polen, Baku und Moskau gelangte sie mit zehn Jahren nach Bergisch-Gladbach. Und am heutigen Sonnabend tritt sie in der Kulturbrauerei an der Schönhauser Allee auf – beim „Baku meets Berlin“-Fest mit Public Viewing des diesjährigen Song Contest ab 19 Uhr (Eintritt frei). „Wahrscheinlich bin ich dazu eingeladen worden, weil ich aus Baku stamme. Aber die meisten sehen mich nicht als Aserbaidschanerin, weil ich einen deutschen Pass habe“, sagt sie. „Es ist schön, daran erinnert und mit einbezogen zu werden.“ Obwohl dem Wettbewerb in diesem Jahr der Makel anhaftet, als hübsche Fassade für ein totalitäres Regime zu dienen? „Baku ist trotzdem ein guter Ort für den Song Contest“, sagt die 25-Jährige. „Es ist eine wunderschöne Stadt.“

Wie der Wettbewerb dort verläuft, wird man in der Kulturbrauerei ab 21 Uhr auf einer Großbildleinwand sehen können. Ebenso wie an vielen anderen Orten in der Stadt. Etwa im Freiluftkino Kreuzberg (Mariannenplatz 2, Eintritt frei, solange der Platz reicht, Ausgabe von Einlassbändchen ab 19.30 Uhr, www.freiluftkino-kreuzberg.de). Dort wird der Abend von den Moderatorinnen Inge Borg und Gisela Sommer moderiert, die eine Liveschaltung zu Christiane Rösinger nach Baku planen. Die Sängerin, die mit den Lassie Singers bekannt wurde, hat eigens eine kleine Weltreise per Auto und Fähre gemacht hat, um über den Wettbewerb zu berichten. Eine Reise „in dieses seltsame Land Aserbaidschan, von dem keiner so richtig wusste, wo es lag“, wie Rösinger in ihrem Blog schreibt.

„Wo liegt Baku?“ Eine Antwort darauf versprechen auch Yvonne Fendel und Elisabeth Zenner von der Corbo-Kleinkunstbühne in Treptow (Kiefholzstr. 1-4, www.corbo-berlin.de). Auch dort wird der Song Contest auf einer Leinwand gezeigt (ab 20 Uhr, Eintritt frei). Besonders gespannt sind die beiden Veranstalterinnen aber auf Folgendes: „Singt tatsächlich jemand in seiner Muttersprache?“

Ob der Song Contest eigentlich etwas mit Kunst zu tun hat, kann man im „Kunstsalon Kunstleben Berlin“ ab 20 Uhr herausfinden (Hauptstr. 31, Schöneberg). Dort wird der Grand Prix gezeigt und es gibt ein Gewinnspiel: Wer auf den Sieger setzt, kann ein Gemälde gewinnen (Eintritt frei, www.kunstleben-berlin.de).

Der Eurovision Song Contest gehöre „zu den heiligsten Feiertagen der queeren Community“, sagen die Macher des Clubs „SchwuZ“. Deshalb wird er dort auch live auf drei Großbildleinwänden übertragen und es gibt dazu eine Show – mit „Jurassica Parka und Camelia Light“. Die Veranstalter versprechen „bissige Kommentare zu Auftritt, Gesang und unzureichendem Make-up“ (Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr, Mehringdamm 61, Eintritt 5 Euro, www.schwuz.de)

Im Kesselhaus der Kulturbrauerei tritt außer Nica & Joe auch noch die Berliner Jazz- und Swingsängerin Desney Bailey auf. Und der Dokumentarfilmer Klaus Bernhardt stellt seinen Streifen über die Musikszene in Baku vor.

Und dann ist da noch Lou, die mit bürgerlichem Namen Marie-Luise Hoffner heißt und beim Song Contest 2003 in Riga den 11. Platz belegte („Ich bin die mit den roten Haaren“). Sie wird in der Kulturbrauerei passenderweise ihr neues Lied „Heute Nacht oder nie“ singen und sagt über den deutschen Bewerber Roman Lob: „Unser eigener Junge ist ja sehr gut. Da glaube ich an einiges.“ Mit der politischen Dimension des diesjährigen Contests hat auch sie wenig am Hut: „ Ich bin unpolitisch.“ Man dürfe nicht vergessen, dass der „Eurovisionszirkus“ einfach nur „ein sehr bunter Sangeswettbewerb“ sei. Sie freut sich vor allem auf die Russischen Omis. „Die werden ganz vorn landen.“ Ihre „Kollegin“ Veronika „Nica“ Belyavskaya findet die „Omis“ nicht so toll, sondern nur ganz witzig.

Fast wäre sie sogar gegen sie angetreten, sagt sie: Eine aserbaidschanische Künstleragentur habe angefragt, ob sie nicht für Aserbaidschan singen wolle. „Aber das war zu kurzfristig und hat doch nicht geklappt.“ Ein bisschen schade findet sie das – irgendwann, so hofft sie, wird sie doch noch beim Grand Prix dabei sein, entweder für Aserbaidschan oder für Deutschland. Daniela Martens

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