zum Hauptinhalt

Berlin: Heute schaut eine Milliarde Menschen auf diese Stadt

Das Finale im Olympiastadion: Chirac kommt, Shakira singt, Zidane spielt – doch die meisten Protagonisten sind aus Berlin

Kurz vor Anpfiff wird es noch einmal hektisch auf dem Flughafen Tegel. Denn zum Finale der Fußball-WM reist heute auch der französische Staatspräsident Jacques Chirac nach Berlin, um die Nationalmannschaft seines Landes im Endspiel gegen Italien zu sehen. Die politische Prominenz sitzt heute Abend um 20 Uhr auf „Ebene Null“ der WM-Arena. Dort befindet sich die Ehrentribüne mit 300 Ledersesseln für die Politiker aus aller Welt – wie etwa Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano, UN-Generalsekretär Kofi Annan oder Bundeskanzlerin Angela Merkel. Insgesamt 69 000 Zuschauer werden heute auf den Tribünen sitzen – und eine Milliarde Menschen weltweit vor den Fernsehern. Die Final-Show beginnt eine halbe Stunde vor dem Anstoß, und zwar im einzig leeren Tribünenbereich der WM-Arena: der großen Treppe am Marathontor. Um 19.35 Uhr werden dort 140 Tänzerinnen und Tänzer die Stufen erobern und somit symbolisch den letzten Teil des Stadions zum Fanblock machen. Verantwortlich dafür ist der Choreograph Doug Jack, der sich schon bei Abschlussfeiern von Olympischen Spielen einen Namen gemacht hat.

Eröffnet wird die Zeremonie vom Klassik-Quartett Il Divo, doch im Mittelpunkt steht die kolumbianische Sängerin Shakira, die gemeinsam mit Wyclef Jean singen wird. Um 19.46 ist die kurze Show schon vorbei, doch in der Halbzeitpause tritt der spanischeTenor Placido Domingo auf. Die meisten der 140 Tänzerinnen, auf die heute eine Milliarde Menschen gucken, kommen aus Berlin.

Seit Tagen probt beispielsweise das „Alba Dance Team“ des Basketball-Klubs Alba Berlin für den großen Auftritt. Chefin Anke Schönfelder, 30, spricht von einem „ganz besonderen Moment“, wenn sie mit ihren 15 Kolleginnen über die Stufen tänzeln wird. „Ich glaube, dass niemand von uns in den Sekunden an eine Milliarde Fernsehzuschauer denken wird“, sagt die Berlinerin. Sie werden das Spektakel aber aufnehmen und „wahrscheinlich erst in der Wiederholung kapieren, dass uns die halbe Welt zugeschaut hat“. Die Tänzerinnen tragen orange-farbene Schuhe, schwarz-weiße Kostüme, eine Federboa am Arm. „Sieht sogar ganz schick aus“, sagt Schönfelder, „einige Teile kann ich nach der WM vielleicht in der Disko tragen.“ Geld bekommen sie für den Auftritt nicht, sie arbeiten freiwillig.

„Es ist großartig, was sie alle leisten“, sagt Choreograph Doug Jack. Er trainiert mit vielen der Tänzerinnen und Tänzern im Alter von sechs bis über 70 Jahre seit drei Wochen. Die meisten seien Laien, sagt Jack. „Ich will die Energie, die vom Stadion, von der Fanmeile und der Jugend ausgeht, in die Show integrieren.“ Die meisten Darsteller sind unter großen grün-weißen Schirmen versteckt, die sich kunstvoll über die Treppen schieben werden. Nach dem Finale wird es keine große Show geben, dann geht es allein um den goldenen WM-Pokal, der bis zum Abend im Tresor lagert.

Der Präsident des Weltverbandes Fifa, Joseph Blatter und Franz Beckenbauer, Präsident des WM-Organisationskomitees , werden natürlich auch auf der Ehrentribüne sitzen, gemeinsam mit Staatschefs aus aller Welt. Ein besonderer Ehrengast wird Henry Kissinger sein: Der frühere US-Außenminister ist ein großer Fußballfan. Den besten Platz aber haben die Kinder, die an der Hand der 22 Spieler auf den Rasen laufen und während der Nationalhymne vor den Fußballern stehen. Die Jungs und Mädchen kommen aus insgesamt zwölf Ländern – und fünf von ihnen leben in Berlin und Brandenburg.

André Görke[Sabine Beikler]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false