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Berlin: Hinter den Kulissen: Messe-Ausbauplanung

Was tut der Regierende und CDU-Chef Eberhard Diepgen nicht alles für die Koalition. Plötzlich drückt er den SPD-Chef und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder herzlich an die Brust.

Was tut der Regierende und CDU-Chef Eberhard Diepgen nicht alles für die Koalition. Plötzlich drückt er den SPD-Chef und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder herzlich an die Brust. Wie einig man sich doch in Sachen Messe-Ausbauplanung ist. Erst wusste sich Diepgen mit Strieder einig, dass der Funkturm nicht unter Wolkenkratzern versteckt werden darf. Dann kam er ihm bei den Grundstücksfragen entgegen. Und schließlich betonte er, dass die Messeplanung wegen des "stadtpolitischen Bezuges" unter die Federführung des Stadtentwicklungssenators gehört und nicht unter die des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf. Weil Diepgen aber weiß, dass einige Abgeordnete eifersüchtig über die Bezirkskompetenzen wachen, fragte er ironisch in die Senatsrunde: "Oder ist hier jemand anderer Ansicht?" Da meldete sich CDU-Fraktionsgeschäftsführer Roland Gewalt (Reinickendorf). Diepgen entgeistert: "Ach, Sie sind anderer Ansicht?" Nein, nein, Gewalt wollte bloß bestätigen, dass es in beiden Koalitionsfraktionen unterschiedliche Auffassungen gebe.

Und was tun "der Schmutzfink" Strieder (Klaus Landowsky) und der SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit nicht alles für die Koalition, obwohl sie den CDU-Fraktionschef immer so piesacken. In der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag fragte Genosse Hans-Georg Lorenz, der für eine härtere Gangart ist, wie es denn nun weitergehen solle mit der Koalition. Strieder antwortete auf Lateinisch; er ist ja Jurist und außerdem humanistisch gebildet: "Quid quid agis, prudenter agas et respice finem." Alle sahen sich stumm an, keiner verstand ein Wort. Strieder übersetzte: "Was immer du tust, tue es klug und beachte das Ende." So isses, die SPD kann jetzt nun mal nicht aus der Koalition heraus.

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Auch der kampferprobte Heinrich Lummer saß am Donnerstag auf der Zuschauertribüne, als im Abgeordnetenhaus Tacheles geredet wurde. Sein Stern begann zu sinken, als der von Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky aufging. Eine halbe Ewigkeit ist das her. Lummer war von 1969 bis 1980 der wortgewaltige und einflussreiche CDU-Fraktionschef, dann kurze Zeit Parlamentspräsident und schließlich von 1981 bis 1986 Innensenator. Bei allen Affären der siebziger Jahre hat er der SPD eingeheizt. In den Achtzigern ging es ihm selbst schlecht, Zusammen mit Klaus Franke (CDU) und Horst Vetter (FDP) verlor er sein Senatsamt im Zuge der Antes-Affäre. "Ich weiß gar nicht mehr, wieso ich damals zurückgetreten bin", meinte Lummer amüsiert. Na ja, Diepgen wollte es eben, um aus einer Senatsumbildung neue Kraft zu gewinnen. Und woran erinnert ihn die heutige Affäre um Klaus Landowsky? "Na, an den Beginn der Antes-Affäre. Das heißt, das mit der Parteispende ist ja fast noch schlimmer." Lummer sinnierte, warum Landowsky nicht zurücktreten will. Der sieht keine historische Parallele: "Wenn ich daran denke, was Diepgen damals in der Antes-Affäre zu leiden hatte, war doch alles viel schlimmer."

Seine Sorgen hat Finanzsenator Peter Kurth. Wenn er nicht gerade mit der Bankgesellschaft beschäftigt ist oder der Haushaltsnot, hat er mit den heißen Verhandlungen der Finanzminister zum Länderfinanzausgleich zu tun, die mal in einer der Landesvertretungen, mal im Bundesratsgebäude, dem einstigen Preußischen Herrenhaus, stattfinden. Durch diese häufigen Runden kennen sich mittlerweile auch die Chauffeure der Finanzminister recht gut. Vor allem die drei aus Hamburg, Bremen und Berlin sollen sich sehr nahe sein, schon wegen der Interessenidentität in Sachen Erhaltung des Stadtstaatenprivilegs. Siehe da, es gibt noch Solidarität. Die drei tauschten Krawatten aus. Kurths Fahrer trägt nur noch Krawatten mit dem Hamburger oder Bremer Wappen. Dafür hat er seinen beiden engeren Kollegen Bären-Schlipse verehrt.

Bei der SPD geht es immer lebhaft zu. Alles diskutiert bis in die kleinsten Parteigliederungen über Bildungspolitik, denn am 7. April ist Bildungsparteitag. Der Leitantrag der Parteispitze wird gedreht und gewendet und sicher mit vielen Änderungsvorschlägen garniert. Die Parteispitze hat sich auch den Kopf zerbrochen, wer die Einführungsreferate halten soll. Also Wolfgang Thierse jedenfalls nicht. Nein, die Berliner Partei braucht keinen Intellektuellen aus den eigenen Reihen, sie will sich ja öffnen. Dass Thierse "ausgeladen" worden sei, weil er für den Religionsunterricht in Staatsregie ist, wird als "Quatsch" bezeichnet. "Es gab nie eine Einladung an Thierse", weiß Anja Sprogies, die Pressesprecherin. "Es ist doch keine Bösartigkeit", sagt Klaus Wowereit. Schulsenator Böger muss reden, klar. Und eine Frau muss her, gewiss doch. Deshalb spricht Ayla Neusel, die Präsidentin der Frauenuniversität Hannover. Die Verzahnung von Bildung und Wirtschaft ist auch wichtig, natürlich. Daher hat man IBM-Chef Erwin Staudt ausgeguckt. Vier aber wären zu viel; Thierse ist überzählig. Frau Sprogies: "Er hat genug Gelegenheit, sich vor der Nominierung der Bundestagskandidaten zu profilieren." Übrigens hat die CDU auch schon vom Bildungsparteitag der SPD gehört - und fix reagiert. "Wir hatten neulich ein sehr interessantes Gespräch mit Vertretern der GEW für eine bessere Zusammenarbeit", so Landowsky.

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