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Berlin: Hinter den Kulissen: Neues aus der Berliner Polit-Szene

Übergang, nichts als Übergang. Der Chef des "Übergangssenats" wird vorläufig in wechselnden Testwagen chauffiert.

Übergang, nichts als Übergang. Der Chef des "Übergangssenats" wird vorläufig in wechselnden Testwagen chauffiert. Zuerst ist es ein blauer BMW, dann ein Mercedes, dann ein Audi, danach wird man weitersehen. So ein Dienstwagen mit allen Sicherheitsextras, wie er sich für den Regierenden Bürgermeister gehört, kostet um die 500 000 Mark, wie der Senat weiß. Entsprechend hoch sind die Leasingraten. Die Testautos für Klaus Wowereit aber kosten nichts, und damit keine Firma benachteiligt wird, sind es mehrere. So kann man sich auch behelfen. Seit Jahren wollte der Senatsfuhrpark einen neuen Dienst-Mercedes für Wowereits Vorgänger Eberhard Diepgen leasen, doch Berlin ist arm wie eine Kirchenmaus. Der elf Jahre alte Wagen dient nun dem neuen Innensenator Ehrhart Körting.

Auch im parlamentarischen Hauptausschuss herrscht Übergangsstimmung - bei erhöhter Aufmerksamkeit. Nur eine Stimme Mehrheit haben SPD, Grüne und PDS dort zusammen. Das hat damit zu tun, dass der Abgeordnete Ditmar Volk den Grünen nicht mehr angehört und fraktionslos ist. Damit hat sich der Proporz im Ausschuss zu Lasten der Grünen und zu Gunsten der CDU verschoben. Folglich ist in jeder Sitzung absolute Disziplin nötig. Alle müssen da sein, damit die CDU die Senatsmehrheit nicht übertrumpfen kann. Was die kritischen Wortmeldungen betrifft, haben sich die Fronten natürlich verkehrt. Haushälter wie Burkhard Müller-Schoenau (Grüne) und Harald Wolf (PDS) sind auf einmal ganz zahm. Dafür muss sich Alexander Kaczmarek (CDU) notgedrungen mit der Oppositionsrolle anfreunden. Doch kompetent und sachlich, wie er ist, bringt ihn so leicht nichts aus der Ruhe. Hans-Harald Ehlert (SPD) legt allerdings vital wie noch nie los. So ist das, wenn man von einer langen, gefährlichen Krankheit genesen ist. Ach ja, ein Neuling ist für den kurzen Rest der Wahlperiode auch da: Karl-Heinz Nolte (SPD) rückte für den früheren SPD-Wortführer Wowereit nach.

Im Roten Rathaus spürt man andererseits den neuen Stil auf Schritt und Tritt. Letzten Sonntag zitterten dort gar nachmittags die Wände vom Nachbeben des Christopher Street Day. Das gabs noch nie. Ausgelassene junge Leute sangen schon auf der steilen Freitreppe mit dem roten Teppich und klatschten den Rhythmus dazu. Im Wappensaal klebten an zwei ehrwürdigen roten Marmorsäulen Plakate mit der CSD-Aufschrift "Quer gegen rechts." So hatte sich Eberhard Diepgen das nicht gedacht. Er war noch Regierender, als er dem Veranstalter des Christopher Street Day den Festsaal zur Preisverleihung für Zivilcourage an Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden, zugesagt hatte. Diepgen hatte auch einen anschließenden Senatsempfang im Wappensaal spendiert, wollte sich aber als Gastgeber von Bürgermeister und Jugendsenator Klaus Böger (SPD) vertreten lassen. Wowereit machte die Honneurs gleich selbst.

Sputen müssen sich auch die Grünen, wenn sie am Wahlabend nicht als Schlusslicht leuchten wollen. So eine Panne aber auch beim Staffettenlauf des Sportclubs Charlottenburg, der den Berlin-Marathon organisiert. Zur Fünfer-Staffel der Grünen gehörten die Grünen-Abgeordneten Claudia Hämmerling und Hartwig Berger. Als nun Frau Hämmerling dem Kollegen Berger den Stab übergeben wollte, war kein Berger da. Er stand am falschen Ort und musste erst per Lautsprecher ausgerufen werden. Damit büßten die Grünen sechs kostbare Minuten ein. "Trotzdem waren wir zehn Minuten schneller als die FDP", triumphiert Fraktionssprecher Matthias Tang.

Seit er mehr als genug mit Regieren und Wahlkampf zu tun hat, kann Herr Wowereit vorläufig nicht mehr Hobby-Koch sein. Doch er könnte es zurzeit auch sonst nicht. Seine Küche zu Hause in Lichtenrade ist eine Baustelle; mit größerem Aufwand wird eine neue Einbauküche installiert. Und wieso gerade jetzt, in der Hektik dieser Zeiten? Da strahlt er: "Na, das ist doch der Beweis, dass die SPD kein Ausstiegsszenario aus der Großen Koalition hatte."

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