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Berlin: Hinter der Fassade ein funkelnder Diamant

Nach dem Votum des Bundestages hat die historische Schloss-Fassade alle Chancen, auf ihrem einstigen Areal gebaut zu werden. Nun geht es um den Inhalt: Womit wird der Barock-Körper gefüllt?

Nach dem Votum des Bundestages hat die historische Schloss-Fassade alle Chancen, auf ihrem einstigen Areal gebaut zu werden. Nun geht es um den Inhalt: Womit wird der Barock-Körper gefüllt? In der Diskussion ist der frühere Volkskammer-Saal vom Palast der Republik, aber wie soll das gehen? Soll die nach der Asbest-Sanierung gähnend leere Halle etwa wieder in ihren alten Zustand versetzt werden? Ist die Volkskammer denn überhaupt typisch für den „Palast“? War ihre von der Öffentlichkeit abgeschottete Arbeit in den wenigen Sitzungen zu DDR-Zeiten nicht genau das Gegenteil von dem, wofür der Palast ursprünglich konzipiert worden war – als ein lebendiges, offenes „Haus des Volkes“?

Wenn es eine Einrichtung von ideellem und materiellem Wert gibt, die für die Zukunft zu erhalten sich lohnt, dann wäre das der „Große Saal“, der zu Recht von Anfang an als das Herzstück des Gebäudes galt. Hier gab es wenige SED-Parteitage, aber tausende Veranstaltungen und Bälle – der Mehrzwecksaal mit seiner raffiniert konzipierten variablen Technik konnte in kurzer Zeit vom Kongresssaal mit 5000 Teilnehmern zum Ballsaal verwandelt werden. Hydraulisch wurden die Flügel mit den Sesselreihen hochgeklappt und danach Tische und Stühle aufs Parkett gefahren, schon konnte der Tanz beginnen. „Der Saal mit seiner Maschinerie war damals Weltspitze und ist es noch heute“, sagt Manfred Prasser. Der heute 70-jährige Architekt hatte das Saal-Sechseck in der Form einer großen Bienenwabe mit all seinen technischen Finessen entworfen und plädiert nun vehement dafür, „diesen Wert, der einmal etwa 100 Millionen Mark betragen haben dürfte, zu erhalten, um ihn in den geplanten Schloss-Neubau zu integrieren“.

Prasser breitet einen alten Stadtplan mit dem Schloss-Grundriss aus und zeigt uns auf seiner Skizze, wo und wie der Saal ins Schloss passt: „Der kann genau da bleiben, wo er jetzt steht, nämlich an der südöstlichen Spree- und Schlossplatz-Seite.“ Der Architekt hat sich kürzlich davon überzeugt, dass seine Zauber-Maschinerie noch existiert, „die Schraubenköpfe glänzen noch so, als seien sie gestern aus dem Ölpapier genommen worden, und darüber stehen die elftausend Tonnen der Stahlskelettkonstruktion mit den sechs Meter hohen Fachwerkbindern und einer Spannweite von 80 Metern.“ Geschätzter Wert: 50 Millionen Euro.

Man müsste praktisch das Schloss an zwei Seiten um den Saal herumbauen und eine Lösung dafür finden, dass der historische Schlüter-Hof trotz dieser (in den Hof ragenden) Saal-Variante gebaut werden kann. „Meine Vision ist ein Kongress- und Veranstaltungssaal , der an der hinteren rechten Ecke, nahe Spree und Breiter Straße, quasi als gläserner Körper aus dem Schloss herauswächst – der Saal wird ein funkelnder Diamant, ein Festsaal im Schloss, aber dennoch nach außen strahlend. Mit allem, was man mit ihm machen kann: Theater, Kongresse, Kino, Konzerte, Bälle und meinetwegen auch Boxveranstaltungen. Ein kristallgläserner Kubus als moderner Teil des alten, neuen Gebäudes“.

Das bedeutet auch, dass Manfred Prasser – als einer der bekanntesten Architekten der DDR auch für das Schauspielhaus, den Gendarmenmarkt und den Friedrichstadtpalast verantwortlich – das Schloss einem modernen Gebäude vorzieht. „Ich hoffe, dass das Schloss als Kernstück des Zentrums zurückkehrt, um die Mitte wieder herzustellen“. Mit einer Kombination von Barock, Glas und Licht. Lothar Heinke

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