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Berlin: Hinterm Schalter sitzt die Angst

Am ersten Arbeitstag nach dem Überfall ist in der Commerzbank an der Steglitzer Schloßstraße nichts normal

Die Routine ist hin, nichts mehr selbstverständlich. Es kostet die Frau am Schalter sichtlich Kraft, den Alltag aufrecht zu erhalten: Freundlich zu grüßen, interessiert zu lächeln, gelassen zu antworten. Am ersten Arbeitstag nach dem Überfall hallt der Schock in der Commerzbank an der Schloßstraße spürbar nach. Doch der Betrieb läuft. „Wir bemühen uns“, sagt eine Angestellte mit zaghafter Stimme.

Es war Freitag, 9.40 Uhr, als Dieter Wurm mit seinem Komplizen in die Bank stürmte. „Geld! Geld! Geld!“, schrie der Bankräuber immer wieder. Als die Kassiererin den Männern nur 5000 Euro aushändigte, musste sie sich flach auf den Boden legen. Am Kopf spürte die Kassiererin den Pistolenlauf. So etwas vergisst man nie.

Es ging sehr schnell und schien doch Stunden zu dauern: Die Bankräuber schrien, drohten, aber der „Automatische Kassentresor“ gab nicht mehr her als die zehn 500-Euro-Scheine. Nachdem eine Angestellte eine Hand voll Münzen und kleine Scheine in einen Beutel gestopft hatte, stürmten die Bankräuber zum Ausgang. Die Mühe hätte sie sich allerdings sparen können: Das Kleingeld ließen Wurm und sein Komplize schon auf der Schwelle wieder fallen. Dann war in der Bank der Spuk vorbei. Zurück blieb die Angst.

Jedenfalls beim Personal, die Kunden gehen mit dem Überfall eher gelassen um. „Soll ich deshalb die Bank wechseln?“, fragt einer am Geldautomaten. „Wenn’s passiert, passiert’s eben“, sagt ein anderer. Tatsächlich ist die Filiale schon einmal überfallen worden. Im April 2000. „Überfall Geld Herr“, stand auf dem Zettel, den der 33-Jährige mit Rechtschreibschwäche über den Tresen schob. 54 000 Mark erbeutete der Räuber, wurde aber bald gestellt.

Am Montag sind die Angestellten in der Schloßstraße alle freiwillig da. Die Chefs haben allen Mitarbeitern angeboten, dass sie zu Hause bleiben können. „Davon hat nur eine Angestellte Gebrauch gemacht“, sagt Commerzbank-Sprecherin Angelika Held-Flessing. Die anderen versuchen offenbar, den Schock gemeinsam zu verarbeiten, professionelle Hilfe hat sich bereits angesagt. Held-Flessing: „Noch für diese Woche ist ein Termin mit einem Psychologen vereinbart worden.“ Ein Drittel der Belegschaft werde sich voraussichtlich an einer Therapie beteiligen.

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