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Berlin: Hobby mit Haken

In der Halle 26 a erfahren Besucher der Grünen Woche alles über die Kunst des Angelns

Verstehe die Fische, wer will – Bernd Mekulin tut es nicht: „Keiner kann mit Bestimmtheit sagen, was in einem Fisch vorgeht.“ Spricht’s und richtet die goldene Forelle in seinem Revers. Die beiden Männer rechts und links von ihm nicken tief befriedigt: Ihr Präsident hat es mal wieder auf den Punkt gebracht. Der Rest ist Schweigen, während am künstlich angelegten Teich nebenan die Kinder quietschend nach Magnetfischen angeln.

Offenbar bietet die Fischseele kein brauchbares Material für ein Gespräch am Stand des Deutschen Anglervereins, Halle 26 a auf der Grünen Woche. Als hilfreich in der sich auftuenden Unterhaltungssackgasse erweist sich die beiläufige Erwähnung der zahlreichen Fischereiregularien. Da kommt Bewegung in die Runde, und Präsident Mekulin ergreift erneut das Wort: „Angler zu sein war noch nie so schwer wie heute.“ Gut dran ist man noch in Brandenburg: Dort zahlt man jährlich eine Fischereiabgabe von zwölf Euro. Damit darf man dann zumindest auf Friedfische wie Karpfen, Brassen und Rotaugen angeln – vorausgesetzt, der Pächter des genutzten Gewässers willigt ein. Will man dagegen in Berlin angeln, muss man zunächst eine Fischerprüfung ablegen. 30 Stunden Unterricht, unter anderem in Fisch- und Gewässerkunde. „Wie muss sich der Angler verhalten, wenn sich die Angelschnur unlösbar im Geäst eines Baumes verfangen hat“, lautet eine der 360 möglichen Fragen. Fernab der gesetzlichen Bestimmungen scheint noch ein weiteres ungeschriebenes Regelwerk zu existieren – abrufbar bei Präsident Mekulin: Dieser hat zu jedem Stichwort die angleradäquate Verhaltensweise parat. Zum Beispiel als das Gespräch darauf kommt, dass man sich das Angelzeug für den Einstieg ja vielleicht auch leihen könne. Da ist Bernd Mekulin alarmiert und schüttelt heftig den Kopf. „Das ist des Anglers Sache nicht“, sagt er. „Anstatt eine fremde Angel zu benutzen, kauft er sich lieber eine neue.“ Auch er selbst gebe seine Angel nur äußerst ungern her. „Schließlich borge ich ja auch niemanden meinen Füllfederhalter oder meine Frau aus.“ Auch beim Stichwort „Verhalten im Falle eines anbeißenden Fisches“ gibt es Maßregeln: „Der Angler zieht den Fisch nie gleich aus dem Wasser“, sagt Mekulin. Stattdessen gebe man dem Fisch stets die Chance zu entkommen, alles andere sei unsportlich.

Und dann erzählt Mekulin noch von den Fischen, die sich zwar nicht selbst vom Haken losgemacht haben, aber vom Angler trotzdem ins Wasser zurückgesetzt werden. Zum einen passiert das beim jeweils ersten Fisch im Jahr, gewissermaßen als Tribut an die Natur, und zum anderen bei Fischen, die eine bestimmte Größe, das sogenannte Mindestmaß, noch nicht erreicht haben. Bei ihnen greift eine Art Kinder- und Jugendschutzgesetz, und sie dürfen erst einmal in Ruhe erwachsen werden. Denn eines kann Bernd Mekulin mit Bestimmtheit sagen: „Der Angler ist gefühlsmäßig nicht verarmt.“

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