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Berlin: Hochbetriebstemperatur

Der späte Sommer hat Gastronomen und Kulturveranstalter doch noch gnädig gestimmt

Besonders süße Äpfel, dicke Weintrauben und weniger Kastanienmotten – der Hochsommer, der in diesem Jahr erst mit dem meteorologischen Herbstanfang begann, war nicht nur für Gärtner und Naturfreunde segensreich. Nach zwei Wochen eitel Sonnenschein wollten gestern nicht einmal die Gastronomen klagen. „Die Stimmung der Kollegen ist sehr positiv“, sagt Klaus-Dieter Richter vom Hotel- und Gaststättenverband und selbst Restaurantbetreiber.

Tagsüber seien die Tische draußen sehr gefragt, abends gingen die Leute zum Essen rein. „Auch die Kollegen in den Außenbezirken sind nicht mehr so am Stöhnen“, sagt Richter: Berliner, denen in der City zu viel los ist, schauten sich verstärkt nach einem Platz an der Sonne in den Kiezen um und belebten dort das Geschäft. Lars Stephan, der das Restaurantschiff „Huckleberry“ auf der Dahme in Grünau betreibt, berichtet von einem „kurzen, heftigen Abendgeschäft“: Für Langsitzer sei der September-Sommer mit seinen kühlen Nächten etwas spät gekommen.

Obwohl in diesem Jahr erstmals seit langem mehr Restaurants eröffnet als für immer geschlossen wurden, sind nicht alle wunschlos glücklich. So hätte sich die Berlin Tourismus Marketing in den Wochen zusätzlich zur Sonne noch ein Ereignis wie Love Parade oder Karneval der Kulturen gewünscht. Ferien wären toll gewesen, sagen die Betreiber des Badeschiffs an der Arena. Und Norbert Hennig von Eis-Hennig bedauert den schwachen Start: „Nach schlechtem Wetter im Mai und Juni ist es mit der Saison so, als läge man in einem 10000-Meter-Lauf eine Runde zurück.“ Immerhin habe sich der Umsatz in der Hitze der vergangenen Tage verdreifacht, und gestern konnte Hennig eine Filiale am Kaiserdamm nahe dem Lietzensee eröffnen.

Allerdings: Der Sommer geht langsam zu Ende. „Der markante Wechsel wird wahrscheinlich am Sonntag spürbar“, prophezeit Frank Abel von MC-Wetter. Schauer und Gewitter erwartet der Meteorologe ab Samstagnacht. Danach soll es ganz allmählich kühler, aber nicht durchweg unfreundlich werden. Wer am Sonntag der Einladung von Genfood-Gegnern zum demonstrativen „Größten Bio-Frühstück der Welt“ (ab 11 Uhr gratis auf dem Schloßplatz) folgen will, braucht also keine Jacke, aber Schirm oder Rhabarberblatt als Regenschutz.

Auf der Museumsinsel endet heute Abend mit der – noch nicht ausverkauften – Last Night Of The Proms eine durchwachsene Freiluft-Saison: Rund 100000 Besucher habe man gezählt, sagt Sprecherin Sabine Grunwald, etwas weniger als im Vorjahr. Die Staatlichen Museen lässt die Hitze kalt: Man lebe vorwiegend von den Touristen, und wer einmal in Berlin sei, komme bei jedem Wetter, heißt es.

Die Bäderbetriebe könnten froh sein, wenn dieser Automatismus bei ihnen genauso funktionieren würde. Schließlich haben sie ausgerechnet an jenem letzten Augustwochenende auf Herbstbetrieb umgestellt, an dem der Hochsommer in die Stadt kam.

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