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Berlin: Hoffen auf den starken Mann

Der Direktor des Hotel Berlin setzt auf den Insolvenzverwalter. Den 200 Mitarbeitern bleibt nichts anderes übrig

Der junge Kellner hat Glück. Im Januar wird er mit seiner Ausbildung im Hotel Berlin fertig. Die anderen Azubis, die später angefangen haben, seien verunsichert, sagt der blonde Mann und spült an der Bar ein paar Biergläser aus. Die wüssten nicht, ob sie einen Abschluss hinbekämen. Sie haben keine Angst vor den Prüfungen, sondern dass vorher das Hotel zumacht. Am Donnerstag hat die Hotel-Gruppe „Blue Band“, zu der das Haus am Lützowplatz gehört, Insolvenz angemeldet. „Aber ich werde das hoffentlich noch schaffen“, sagt der junge Kellner.

Kaum hat er diesen Satz beendet, kommt die Chefin des gediegenen Globe Restaurants im Erdgeschoss des Hotels an die Bar und schiebt ihn zur Seite. Dann sagt sie zu ihm, dass hier niemand von den Angestellten mit der Presse reden darf. Und so lange sie keine offiziellen Aussagen darüber hätte, wie es weitergeht, könne auch sie beim besten Willen nichts sagen. Sie stellt ein Glas Tomatensaft aufs Tablett und bringt es zu einem der wenigen besetzten Tische an diesem Sonnabendnachmittag. Auch die Mitarbeiterinnen an der Rezeption wollen sich nicht zur Insolvenz ihres Hauses äußern. Sie greifen sich schnell an die rechte Brust. Dort prangt auf ihrer blauen Uniform das Namensschild. Ihren Namen in der Zeitung zu lesen, ist das Letzte, was sie jetzt gebrauchen könne, sagt eine von ihnen.

In der Lobby des Hotels sitzen ein paar englischsprachige Gäste auf den Sofas, vor der Tür parkt eine lang gestreckte, sechstürige Limousine. „Die Buchungslage ist gut“, sagt Oliver Heldt. Er ist der stellvertretende Hoteldirektor und darf reden. Er sagt, man soll schreiben, dass hier „keiner den Kopf in den Sand“ stecke. Das Schlimmste wären 200 unmotivierte und verängstigte Mitarbeiter. Zumal auch für 2004 schon etliche Buchungen eingegangen seien. Und überhaupt: „Wir sind eines der größten Hotels in Deutschland“, sagt er, und zieht an seiner knallroten Krawatte, „uns dichtzumachen, würde niemandem nützen“. Denn ein Hotel könne nur saniert werden, wenn es offen ist.

Oliver Heldt ist seit elf Jahren hier im Haus, und, ja, er sei sehr überrascht gewesen über den Gang zum Insolvenzverwalter, sehr. Am Freitag war Betriebsversammlung. „Wir sind ein Haus, in dem man auf die Mitarbeiter zugeht.“ Jetzt wüssten alle, dass ihre Gehälter bis Ende des Jahres gesichert sind, sagt Heldt. Damit nicht etwa Negatives im Raum hängen bleibt, fügt er nach einer Pause hinzu: „Und auch darüber hinaus.“ Da ist er sich einfach „ganz sicher“ und nochmal zum Mitschreiben: „Das Hotel Berlin hat eine Zukunft“. Pause. „Als Hotel.“

Das Geschäft sei schwieriger geworden, seitdem an jeder Ecke ein neues Haus aufmache, sagt Heldt, aber er glaubt an Berlin. Die Kultur, die Museen, Berlin müsse sich einfach noch besser verkaufen. Und er glaubt an den Insolvenzverwalter Peter Leonhardt. Der war auch bei Herlitz. Und Herlitz gibt es schließlich immer noch. Statt abzuwickeln würden sich die Insolvenzverwalter ja vielleicht sogar entschließen, das Hotel Berlin auszubauen. Denn wo man hier im Haus noch sparen soll, kann sich Oliver Heldt nicht vorstellen. Um sich nicht in unkontrollierbare Stimmungen hineinzureden, druckt Heldt jetzt aber doch lieber schnell die Presseerklärung vom Donnerstag aus, drückt sie dem Gast in die Hand und weist ihn freundlich, aber bestimmt zur Tür.

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