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Berlin: Hoffen auf eine neue Blüte

Der Botanische Garten setzt auf Paten und Sponsoren. Denn das Tropenhaus ist marode, Elektroleitungen sind defekt und das Geld ist knapp

Rotes Absperrband am Eingang zur Tropenhalle, so was hat Horst Kraft in seinen mehr als 30 Dienstjahren nicht erlebt. Der ehemalige technische Leiter des Botanischen Gartens kann sich noch an Zeiten erinnern, als die Gärtner in der kriegszerstörten Halle Kartoffeln und Tomaten zogen. 1968 wurde sie neu verglast, 1985 teilweise renoviert – von da an sei praktisch nichts mehr passiert. Dabei seien Gewächshäuser wegen der großen Temperaturunterschiede und einer hohen Luftfeuchtigkeit besonders stark beansprucht.

Das Große Tropenhaus ist die Hauptattraktion des Botanischen Gartens, in der vergangenen Woche wurde es wegen absturzgefährdeter Spezial-Lampen für zwei Tage geschlossen, seit gestern ist es vorerst wieder offen. Die gesamte Konstruktion aus Stahl und Acrylglas ist marode. Auch ein Gebiet im Freilandbereich musste schon geschlossen werden, die Nachzucht von Pflanzen ist eingeschränkt worden. 100 Jahre nach seiner Gründung ist der Botanische Garten in Dahlem, einer der größten und bedeutendsten der Welt, in seiner Existenz bedroht. In der zuständigen Senatsbauverwaltung steht das Thema auf der Tagesordnung. Allein für die Sanierung des Tropenhauses werden rund 12,5 Millionen Euro benötigt.

In der Kuppel leuchten die Acrylscheiben in der Sonne, als ob sich Eiskristalle auf ihnen gebildet hätten. Der schöne Schein trügt – zu sehen sind zigtausende Risse, an denen sich das Kondenswasser zu Tropfen sammelt und auf den grünen Dschungel niederregnet. Nicht schlimm für Pflanzen aus den Subtropen, denkt der Laie – und irrt. Treffen die Tropfen genau ins Herz einer Pflanze, droht Fäulnis und Pilzbefall, erzählt Gärtnermeisterin Henrike Wilke. Eine Palme hat sie dadurch schon verloren – sie knickte irgendwann einfach um.

Das Kondenswasser soll eigentlich in einem System aus Regenrinnen und Ablaufrohren aufgefangen und nach unten geleitet werden. Nur leider fehlt es an technischem Gerät, um die Rinnen zu säubern. Die Firma, die damit beauftragt war, kann man sich nicht mehr leisten. Bald werden die Abflussrohre verstopfen und der unkontrollierte Regen noch erheblich zunehmen, und zwar besonders an den Randzonen der Halle, wo die trockenere Vegetation untergebracht ist.

Immer gefährlicher wird auch die Sache mit den elektrischen Leitungen samt Verteilerdosen: Wegen der extremen Sommerhitze unter den Scheiben werden sie langsam porös. Verlegt sind die Leitungen an den Regenrinnen, was das Risiko von Kurzschlüssen erhöht. Die gesamte Hallen-Elektrik müsste dringend überholt werden, sagt Albert-Dieter Stevens, wissenschaftlicher Leiter des Gartens. Wichtig wären der Einsatz von wärmedämmendem Glas und der Bau von Zugangsschleusen, um die hohen Heizkosten zu senken. Jährlich wird für die Heizung rund eine Million Euro aufgewandt – bei einem Gesamtetat des Gartens von 7,8 Millionen Euro.

Bis 2009 sollen davon 1,6 Millionen Euro eingespart werden. Die Leitung des Botanischen Gartens sieht sich dazu kaum in der Lage. „Wir sind jetzt an der Grenze“, sagt Stevens. 80 bis 100 Mitarbeiter sind noch im Garten beschäftigt, früher waren es 100 mehr. Um weiteres Personal einzusparen, müsse zunächst in moderne Technik investiert werden. Das Belüften und Schattieren der Pflanzen wird in vielen Gewächshäusern noch von Hand erledigt.

Botanik-Professorin Brigitte Zimmer, zuständig für Herbarium und Öffentlichkeitsarbeit, versucht, das finanzielle Desaster mit Pflanzen-Patenschaften und dem Verkauf symbolischer „Anteilscheine“ ein wenig abzumildern. Unterstützt wird sie vor allem von ehrenamtlichen Helfern. Im Garten und dem angeschlossenen Botanischen Museum arbeiten bereits jetzt 75 Freiwillige. Als Pflanzenpaten sind Promis wie Nina Ruge, Wigald Boning und Renate Künast dabei. Rolf Eden verkaufte vor einigen Tagen Currywurst zugunsten des Gartens. Aber richtig große Sponsoren hat Frau Zimmer noch nicht gefunden. „Die wollen alle nach Berlin-Mitte.“

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