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Berlin: Hoffen auf Erlebniswelt

Der Tierpark macht Verlust, hat zu wenige Besucher – aber die großen Zukunftspläne kommen kaum voran.

Der Aufsichtsrat von Zoo und Tierpark ist derzeit heftig gefordert. Montagabend einigte sich dessen Präsidium bei einer Sondersitzung wie berichtet auf einen Kompromiss, um den umstrittenen Zoo- und Tierparkchef Bernhard Blaszkiewitz noch im Amt zu halten. Es ging um die jüngsten Vorwürfe, er habe Mitarbeiterinnen in den Akten frauenfeindlich bezeichnet. Und schon Anfang Februar kommen die Aufsichtsräte zu einer weiteren Krisensitzung zusammen. Dann geht es um die prekäre Finanzsituation des Tierparks in Friedrichsfelde, der 2013 wohl 1,1 Millionen Euro Verlust machen wird.

Es gibt zwar Pläne und schon begonnene Projekte, um mehr Gäste anzulocken – doch das alles kommt nicht so recht voran. Auch dies wird Bernhard Blaszkiewitz angekreidet. Er hängt sehr am derzeitigen Konzept des größten Landschaftstierparks Europas im einstigen Schlossgarten von Friedrichsfelde. Viel Grün, weite Sichtachsen, ideal zum Spazierengehen zwischen weitläufigen Gehegen, in denen die Tiere teils wie in der freien Natur wirken. Eigentlich ideale Voraussetzungen für ein ganz besonderes Zooerlebnis. Doch bisher gelang es nicht, dies zu vermarkten und so auch das Manko des Tierparks auszugleichen: die dezentrale Lage in Lichtenberg. Der Tierpark hatte 2012 nur eine Million Besucher, im Zoo sind es drei Millionen, davon 60 Prozent Touristen. In Friedrichsfelde machen die Berlingäste nur etwa fünf Prozent aus.

Deshalb gilt aus Sicht vieler Fachleute in Friedrichsfelde das Gleiche wie für andere Zoos der Welt, die in der Vergangenheit schon erfolgreich neue Konzepte verwirklichten: Der Tierpark braucht neben seiner naturnahen Weitläufigkeit noch ein weiteres unverwechselbares Profil, es müssen zeitgemäße Attraktionen geschaffen werden. Der Schlüsselbegriff heiß: Wissenschaftliches Erlebniszentrum.

Ein solches Konzept liegt wie berichtet seit Juni 2011 vor. Es ist der „Masterplan Tierpark 2020“. Besonders die Kaufmännische Direktorin beider Zoologischen Gärten Berlins, Gabriele Thöne, hat sich dafür eingesetzt. Ihr Kollege in der Chefetage, Bernhard Blaszkiewitz, als Biologe für die Tiere zuständig, unterstützt zwar den Plan, lehnte aber bislang Modernisierungen zum Erlebnispark ab. So kippte er 2006 einen Vorschlag, der einen schiffbaren Wasserlauf durch den Park vorsah.

Der neue Masterplan soll nun Zoologie spannend näher bringen. Dazu gehört ein computergestützter Eingangsbereich, der eine Reise durch die Evolution vom Urknall bis heute ermöglicht. Auch sollen die Orang-Utans besser präsentiert werden, eine Rocky-Mountains-Anlage ist vorgesehen, ein Storchendorf. Bis 2020 soll alles für 90 Millionen Euro verwirklicht werden.

Doch die Tierpark-Kasse ist leer. Die Rücklagen sind fast aufgebraucht, 2013 zahlt das Land 5,2 Millionen Euro Betriebskosten, aber kaum Investitionsmittel. Dem Senat ist der Masterplan zu kostspielig. Es gibt zwar Stimmen in der Koalition, die eine „Initialförderung“ verlangen. Aber das Vertrauen des Senats in die Zooführung hat auch gelitten, weil diese 126 000 Euro Fördergelder der EU für die Sanierung und Umgestaltung des Alfred-Brehm-Raubtierhauses im Tierpark durch Fehler bei der Beantragung vertan hat. Das 10-Millionen-Projekt wird von der EU und Klassenlotterie finanziert. In der Tropenhalle entsteht mit diesem Geld auch eine neue Attraktion: Man kann künftig über Hängebrücken durch die Baumwipfel laufen und von oben Flugfüchse beobachten. Christoph Stollowsky

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