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Das Lollapalooza fand zuletzt im September 2019 im Olympiapark statt.

© Christoph Soeder/dpa

Hotel statt Festival: Lollapalooza-Anwohner haben Anspruch auf Ersatzquartiere

Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klage des Lollapalooza-Veranstalters gegen Lärmschutz-Ersatzunterbringungen abgewiesen. Die Nachbarn seien zu schützen.

Wegen der Coronakrise muss das Musikfestival Lollapalooza im Olympiastadion und im angrenzenden Olympiapark ausfallen.

Trotzdem wurde am Donnerstag ein wegweisendes Urteil für die Zukunft bekannt. Das Berliner Verwaltungsgericht hat eine Klage des Veranstalters gegen die Auflage abgewiesen, Anwohnern in Westend eine "angemessene Ersatz-Unterbringung" anzubieten. Der Rechtsstreit drehte sich um das zweitägige Festival im vorigen Jahr.

Nach mehreren Ortswechseln in Berlin findet das Lollapalooza seit 2018 in Charlottenburg-Wilmersdorf statt. Die Senatsumweltverwaltung verband ihre lärmschutzrechtliche Genehmigung mit der Pflicht, Hotelzimmer oder andere Ersatzunterkünfte für Bewohner des "besonders betroffenen Nahbereichs des Veranstaltungsgeländes" zur Verfügung zu stellen. 2019 wurde dieser Bereich stark ausgeweitet, sodass es um mehr als 1400 Haushalte ging.

Die Auflage habe keine Rechtsgrundlage und sei "unverhältnismäßig", weil sie Kosten in Höhe von mehr als 100.000 Euro verursache, argumentierten die Festivalveranstalter. Wie die Veranstalter die Summe errechneten, ging aus der Mitteilung des Gerichts nicht hervor.

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Zum Schutz der Nachbarschaft hätte es "mildere Mittel" gegeben, die zum Teil schon umgesetzt worden seien. Dazu gehörten "modernste Beschallungsanlagen", eine "umfassende" Kommunikation mit den Anwohnern und Freitickets für diese.

Das Gericht widersprach. Das Lollapalooza sei zwar "von herausragender Bedeutung" für die "Profilierung der Stadt als Veranstaltungsort von Konzerten und Musikevents", doch ändere dies nichts daran, dass Nachbarn vor "schädlichen Umwelteinwirkungen" zu schützen seien. Durch zahlreiche Veranstaltungen auf dem Olympiageländes gebe es eine "massive Belastung" der Umgebung.

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Speziell beim Lollapalooza müsse die "Stärke und Dauer" des Lärms berücksichtigt werden. Wegen der durchdringenden Bässe habe die Umweltverwaltung auch pauschal den "Innenpegel in den betroffenen Wohnräumen" als Berechnungsgrundlage ansetzen dürfen. Gegen das Urteil ist eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht möglich.

Die Bedeutung des Urteils relativiert sich, weil bisher nur ein kleiner Teil der Anwohner vor dem Lärm geflohen ist. Bei den angeblich sechsstelligen Kosten handelt es sich offensichtlich um eine theoretische Zahl.

Tatsächlich nutzten im vorigen Jahr 15 Betroffene die Möglichkeit, für zwei Tage in ein Hotel zu ziehen. Ein Architektur-Student, der direkt am Festivalgelände wohnte, erzählte im Tagesspiegel von seiner Erfahrung mit der Ersatz-Unterbringung.

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