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Berlin: Hotelzimmer mit Aussicht – auf Manfred Krugs Wohnung

Das Hochhausprojekt am Joachimstaler Platz empört den Schauspieler: Er befürchtet, dass Neugierige ihm bald „in Töpfe und Pfannen gucken“

Einst spielte Manfred Krug im DEFA-Streifen „Spur der Steine“ einen Zimmermann auf einer Großbaustelle. Aber was sich hinter seiner Dachgeschosswohnung an der Charlottenburger Rankestraße anbahnt, wirkt auf den Schauspieler nur wie ein schlechter Film: Das geplante zweite Hotelhochhaus der Firma Grothe am Joachimstaler Platz werde ihm „den halben Himmel versperren“, beklagt Krug, der heute seinen 66. Geburtstag feiert. Die Gäste des künftigen Concorde-Hotels könnten ihm und seiner Frau Ottilie „in Pfannen und Töpfe gucken“. Selbst zum Duschen oder Baden brauche er bald einen „penibel beachteten Sichtschutz“.

Die Eheleute planten schon den Wegzug, wie sie jetzt im Gespräch mit dem Tagesspiegel erzählten. In die Eigentumswohnung mit zwei Terrassen, die das ganze Dachgeschoss des sechsstöckigen Altbaus einnimmt, haben sie im Laufe von 14 Jahren Millionenbeträge investiert. Der Hotelbauherr sollte Ersatz bereitstellen oder eine Entschädigung zahlen. Zuletzt wollte sich Krug mit 250 000 Euro zufrieden geben. Das Geld hätte er als Beitrag zu einer neuen Wohnung benutzt. Doch Thomas Grothe von der Investorenfirma teilte mit, er könne keine Ersatzwohnung vermitteln. Und 250 000 Euro seien „mehr Geld, als viele Leute jemals besitzen“.

Dennoch hätten sich beide fast geeinigt. Misstrauisch wurde Manfred Krug jedoch, als Grothe nicht mehr von zwölf geplanten Etagen sprach und eine mögliche Aufstockung andeutete. Es gehe um kleinere Aufbauten, etwa für den Lift und die Klimaanlage. Erst vor wenigen Tagen wurde klar: Die Bauherren Thomas und Hans Grothe wollen 17 Geschosse errichten, was 60 Metern Höhe entspricht. Die Mehrheit der Bezirkspolitiker hat sich schon einverstanden erklärt.

Eigentlich wohnt Krug gerne in der Stadt und mag Charlottenburgs traditionelle Bebauung. Ihn ärgert aber die „Manhattanisierung“, die besonders in der City West um sich greife – und das, während „die Bevölkerung schrumpft“. Investoren achteten nicht mehr aufs „menschliche Maß“. Schon Grothes erstes Projekt am Joachimstaler Platz – das 44 Meter hohe Neue Ku’damm-Eck mit C & A und dem Swissôtel-Hotel – beeinträchtigte die Aussicht von Krugs Terrasse. Das zweite Hotel wird nicht nur höher, sondern rückt auch viel näher: „20 Meter von Kante zu Kante“, schätzt Krug. Das bedeute eine „Zertrümmerung“ seiner Wohnung.

Thomas Grothe sagt dazu, die meisten Hotelgäste würden „gar nicht wissen, wem die Terrasse gehört“. Paparazzi könnten auch vom alten Allianz-Hochhaus aus fotografieren. Krugs Nachbarn ließen sich dem Vernehmen nach mit Geld abfinden. Zudem kaufte Grothe das ganzen Haus mit Ausnahme weniger Eigentumswohnungen „im Handstreich“, wie Krug es ausdrückt. Damit blieb fast kein potenzieller Kritiker übrig, zumal rundum fast nur Geschäftshäuser stehen. Würde Krug ein paar hundert Meter entfernt wohnen, könnte er dagegen mit dem Beistand einer Bürgerinitiative rechnen: An der Bundesallee wollen Anwohner drei Hochhausprojekte anderer Firmen stoppen.

Nachdem ihm auch ein Anwalt nicht helfen konnte, hat Manfred Krug resigniert: „Da kommst du nicht gegen an.“ Weil er seinen Lebensabend nicht mit dem Streit verbringen wolle, kämpfe er nicht mehr um eine Entschädigung. Das Leben ist eben anders als das Fernsehen. Als „Liebling Kreuzberg“ hätte Krug den Fall bestimmt gewonnen.

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