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Berlin: Hünen in Lederwesten

Seit Jahren beobachtet die Polizei die Hell’s Angels – jetzt stehen drei unter Totschlagverdacht

Er hatte drei, aber nicht 30 erwartet. Als der Kommissar vor die Tür trat, standen sie in einer Runde, die Hünen von den „Hells Angels“ in ihren Lederwesten und Motorradstiefeln. „Das war schon ein beeindruckender Anblick“, sagt Uwe Isenberg von der 7. Mordkommission. Doch die Hells Angels waren in friedlicher Mission unterwegs. Zuvor hatten die Biker Abschied gefeiert, dann waren sie gemeinsam aufgebrochen: Um ihren „Präsidenten“ und zwei ihrer „Brüder“ zur Mordkommission in der Schöneberger Keithstraße zu geleiten. Seit Sonntag sitzen Michael N., Mark S. und Michael H. wegen Totschlags in Untersuchungshaft.

Das dürfte im Clubhaus „Angel Place“ derzeit deutlich auf die Stimmung schlagen. Die Fenster in der Moabiter Quitzowstraße sind vergittert. An der Wand hängt ein riesiges Schwert mit blanker Klinge, drumherum sind Erinnerungen an große Tage und Jubiläen verteilt. 1948 hatten ehemalige Bomberpiloten der US Airforce in Kalifornien den heute größten und gefürchtesten Motorradclub der Welt gegründet. In Berlin haben sich die Rocker in zwei Clubs organisiert: den „MC Berlin“ und die „Nomads“. Die Polizei schätzt, dass die Hells Angels in der Stadt etwa 40 Mitglieder haben. Sie beobachtet den Berliner Club seit Jahren. Einen Grund, die Hells Angels wie in Hamburg oder Düsseldorf zu verbieten, haben die Ermittler bislang nicht gefunden.

Obwohl die Angels nicht gerade zu den zartbesaiteten Naturen zählen. Vergangenen Donnerstag sahen sie offenbar rot, als Frank B. (41) im Hellersdorfer Saunaclub „Palace“ der Freundin des Präsidenten Michael N. (40) zu nahe kam. Jemand zog ein Messer, stach mehrmals zu, und Frank B. verblutete noch im Club. Ob der Präsident oder einer seiner „Brüder“ – 38 und 41 Jahre alt – das Messer führte, ist noch unklar. Am Sonntag erschienen die Drei dann in Begleitung ihrer Anwälte freiwillig bei der Polizei. Als sich die Tür hinter ihnen schloss, zogen die 30 anderen wieder friedlich von dannen. Die Polizei sucht jetzt die Freundin des Präsidenten: „20 bis 25 Jahre alt, mit einem hübschen, sonnengebräunten Gesicht und schwarzen, sehr langen Haaren.“

Den Berliner Angels werden Kontakte zur Unterwelt nachgesagt. Zum Angels-Imperium zählen Sicherheitsexperten neben dem „Palace“ auch eine Bar am Stuttgarter Platz. Im Juni unternahm die Polizei eine groß angelegte Durchsuchungsaktion. „Da haben wir lediglich einige Betäubungsmittel und leichte Verstöße gegen das Waffengesetz gefunden“, sagt Staatsanwalt Matthias Fenner. Soll heißen: Joints, Speed und ein paar Totschläger. Fenner kennt sich aus mit den Ritualen der Hells Angels. Weiß, wie sich ein Angel vom „Hangaround“, zum „Prospect“ und zum „Member“ hocharbeiten muss. Bis er hinten auf der Lederkette den Totenkopf mit Engelsflügeln tragen darf und auf der Brust den „Charter“-Zusatz: Berlin. In die Führungsebene schaffen es die wenigsten, doch kaum jemand kommt am „Hangaround“ -Dasein vorbei. Ohne Kutte und Insignien. Fenner: „Da muss man erstmal diverse Hilfsdienste, auch Putzarbeiten, erledigen.“

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