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Hund und Herr am Schlachtensee: Ab ins Wasser

Helmut Schümann hat keinen Pubertisten mehr, dafür einen Hund. An dieser Stelle schreibt er, Schümann, nicht der Hund, immer Montags über sein Leben als Welpenassistent in Berlin. Heute geht es um das Hundeverbot am Schlachtensee in Zehlendorf.

Wilmer geht jetzt immer mal wieder demonstrieren. Nicht gegen Pegida oder die anderen Spinner von der Alternative. Er bellt bekanntlich multikulti, diese Pegidas und Konsorten sind ihm nicht einmal ein Wuff wert. Kürzlich, am Schlachtensee, ist im Bellschatz auch noch die Sprache der Schlittenhunde dazugekommen, Wilmer hat nämlich einen neuen Freund gefunden.

Überhaupt hat Wilmer am Schlachtensee jede Menge neue Freunde kennengelernt. Also Hunde, die wie er frei herumlaufen, mit Herrchen, Dr. Frauchen oder einem Welpenassistenten im Trott, die allesamt eine Hundeleine um den Hals geschlungen haben, für den Bedarfsfall. Ab Mai aber ist Schluss mit den Freundschaften am Schlachtensee. Der Senat hat ein Hundeverbot für die dann ehemalige Freilaufzone verhängt. Wilmer macht, was ein Wilmer machen muss und springt mit seinem Freund fröhlich vergnügt ins Wasser.

„Wilmer“, sagt der Assi, „komm zurück, schon mal daran gewöhnen, dass du das bald nicht mehr darfst.“ Wilmer kommt zurück, setzt sich vor den Assi, schaut ihn empört an und guckt: „Wie? Was? Warum?“ Der Assi zuckt die Schultern, „weil du immer ins Wasser pieselst und noch andere Sachen im Wasser machst“.

Wilmer schaut links, Wilmer schaut rechts. Keine badenden Menschen zu sehen.
Wilmer schaut links, Wilmer schaut rechts. Keine badenden Menschen zu sehen.

© uem

Hätte Wilmer einen Zeigefinger, würde er dem Assi, bei aller Liebe, jetzt einen Vogel zeigen. Wilmer hat noch nie im Wasser ein Bein gehoben, und für das andere läuft er immer weg vom Weg, buckelt sich in die Böschung, erledigt seinen Job und lässt den Assi – mitunter ist Wilmer schon ein wenig egomanisch und delegiert gerne – den Rest, die Entsorgung, erledigen.

Gerade findet sich übrigens am Schlachtensee, rund um den Schlachtensee, nicht ein Haufen liegen gebliebener Hinterlassenschaften. Es findet sich allerdings auch kein Abfalleimer für die Entsorgungsbeutel. „Schöne Scheiße“, murmelt der Welpenassistent. Aber da ist Wilmer schon wieder weiter und tollt mit seinem neuen Freund. „Lasst die Badenden in Ruhe“, ruft der Assi hinterher. Wilmer stoppt kurz, schaut nach links, schaut nach rechts, schaut auf den See, dreht sich um, zeigt dem Assi einen Vogel. „Stimmt“, sagt der Assi, „keine Badenden zu sehen. Wäre ja auch ein wenig kalt Mitte Januar.“ „Mir nicht“, guckt Wilmer und springt ins Wasser. „Aber nicht das Bein heben“, ruft der Assi. Wilmer schüttelt sich.

Paradies für Hunde

Später, der neue Freund ist weitergezogen, trottet Wilmer neben dem Assi, der einfach mal herumfragt. Und dann sagen die Zweibeiner, die mit Hund und die ohne Hunde, dass das mit dem Hundeverbot am Schlachtensee ziemlich blöd sei, wo das doch das Paradies auf Erden ist für Menschen und Hunde. Es regen sich viele Menschen auf über die Verordnung, Menschen, die Hunde haben, und Menschen, die keine Hunde haben.

„Wilmer“, sagt der Assi, „eigentlich wäre es doch ganz einfach. Dass du Badende störst, wenn sie baden wollen, verstehen wir beide, oder?“ Wilmer guckt, „na, ja, okay.“ „Warum verbietet man dir dann nicht einfach von Mai bis Ende September den Schlachtensee, wir gehen dann woanders hin? Und außerhalb der Badesaison lässt man Hund und Herr einfach sein? Mit etwas Toleranz und gegenseitiger Rücksichtnahme würde das doch gehen.“

Wilmer setzt sich vor dem Welpenassistenten hin, schaut hoch und guckt: „Toleranz und wechselseitige Rücksichtnahme ist mit den Engstirnigen dieser Welt nicht zu haben.

Helmut Schümann

schreibt an dieser Stelle immer montags über sein Leben in Berlin mit seinem Hund Wilmer. Diese Folge erscheint auch auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.

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