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Berlin: Hundert Zitate für Rosa Luxemburg

Die Mitbegründerin der KPD soll auf dem Platz ihres Namens geehrt werden: Künstler Hans Haacke lässt Messingbuchstaben auf Wege und Straßen prägen

„Unser herrschender ,Marxismus’ fürchtet leider jeden Gedankenflug wie ein alter Gichtonkel“, ärgerte sich Rosa Luxemburg 1913. Diese Worte sollen bald auf der Straße, einem Bordstein oder einem der Bürgersteige am Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte zu lesen sein. Gemeinsam mit 99 anderen Zitaten der 1919 ermordeten Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Der in New York lebende Konzeptkünstler Hans Haacke, im Reichstagsgebäude mit dem Innenhof-Projekt „Der Bevölkerung“ vertreten, hat den Wettbewerb zur Gestaltung eines „Denkzeichens“ für Rosa Luxemburg gewonnen. Sein Vorschlag sieht vor, Fahrbahnen und Gehwege der Rosa-Luxemburg- und der Weydingerstraße mit 100 Betonstreifen zu versehen. Sie sollen die Bürgersteige, Bordsteine und Straßen „überqueren und durchkreuzen“ und auf Messingbuchstaben Zitate verkünden.

„In Denkzeichen Rosa Luxemburg bewegt man sich – fast buchstäblich – durch die komplexe Gedankenwelt der Ermordeten“, sagte Haacke gestern bei der Vorstellung des Projekts in der Senatskulturverwaltung. Bis zu 260000 Euro stehen aus dem Budget „künstlerische Gestaltung im Stadtraum“ zur Verfügung. Der Künstler hat schon ausgerechnet, dass die vorgesehenen 15000 Buchstaben 120000 Euro kosten und sein Honorar 50 000 Euro beträgt. Die Buchstaben sollen über die einfassenden Betonstreifen und über das Niveau des Pflasters ragen. Für den Entwurf des vom Senat 2003 ausgelobten Wettbewerbs hatte sich eine Jury unter Vorsitz des Kunsthistorikers Hans-Ernst Mittig ausgesprochen. Im Gremium waren auch Kultursenator Thomas Flierl (PDS) und Volksbühnenintendant Frank Castorf vertreten. Insgesamt wurden 26 Arbeiten eingereicht, neben Haackes Entwurf kam ein Vorschlag von Miguel Rothschild, Maria C. Barbetta und Marcus Dittberner in die engere Wahl. Sie schlugen vor, statt des „Denkzeichens“ am Platz ein Label mit dem Namen „Rosa de Luxe“ als Marke zu entwickeln und die Lizenz an Modefirmen zu verkaufen. Wann die Denkzeichen zu sehen sind, ist noch unklar, eventuell schon 2006. Die Kulturverwaltung will den Entwurf mit dem Bezirksamt noch abstimmen. Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) sagte, man müsse mal sehen, wie sich das Wettbewerbsergebnis in die ohnehin geplante Umgestaltung des Platzes einpassen lasse. Zum Entwurf wollte er sich „erst mal nicht äußern“. Wie berichtet, will das Bezirksamt den Rosa-Luxemburg-Platz nach historischem Vorbild wieder herstellen. Dafür wurden vor einigen Wochen Bäume gefällt. So dürfte auf die Worte Rosa Luxemburgs wenig Schatten fallen. Passanten werden dann deutlich lesen können, dass die politische Frau ganz privat sein konnte: „Komm schon, schneller, wir verstecken uns zusammen vor der ganzen Welt in zwei Zimmerchen, wir werden allein arbeiten, selber kochen und es wird uns so gut sein, so gut!“

Christian van Lessen

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