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ICE Hamburg-Berlin: Streckensperrung: Fahrgäste fordern Rabatt

Die Deutsche Bahn muss den Schienenweg nach Hamburg sanieren. Die Folge: Eine Million Menschen müssen Umweg nehmen. Jetzt werden Forderungen nach Rabatten laut.

Der Fahrgastverband Igeb hat die Bahn aufgefordert, während der Bauarbeiten auf der Strecke nach Hamburg die Preise zu senken. Der Rabatt wäre ein wichtiges Signal an die Fahrgäste, sagte der stellvertretende Igeb-Vorsitzende Jens Wieseke. Wie berichtet, wird die Deutsche Bahn im kommenden Jahr für drei Monate die erst im Dezember 2004 eröffnete Schnellstrecke der Bahn zwischen Berlin und Hamburg komplett sperren müssen. Von März bis Juni müssen zehntausende Betonschwellen ausgetauscht werden, die Materialfehler haben. Der Fernverkehr in die Hansestadt soll in dieser Zeit über Stendal und Uelzen umgeleitet werden. Damit verlängert sich die Fahrzeit um 30 Minuten auf zwei Stunden. Die Bahn wollte sich gestern nicht zu der Rabattforderung äußern, man denke darüber nach, hieß es. Täglich werden derzeit über 10 000 Fahrgäste gezählt, von der Sperrung sind also etwa eine Million Menschen betroffen.

Noch gravierender sind die Beeinträchtigungen im Nahverkehr: Reisende müssen auf den gesperrten Abschnitten auf den Bus umsteigen, die Regionalzüge fahren nur auf Teilabschnitten. Die defekten Schwellen sind auf die ganze Strecke verteilt, hieß es. Dem Vernehmen nach müssen bundesweit 700 000 Schwellen ausgetauscht werden, dies entspricht etwa 200 Kilometer zweigleisige Strecke. Bei den bis Ende der 90er Jahre im Betonwerk Rethwisch in Mecklenburg-Vorpommern gefertigten Schwellen zersetzen sich die Bestandteile gegenseitig – sie zerbröseln.

Ein ähnliches Problem mit Betonschwellen hatte es bereits zu DDR-Zeiten bei der Reichsbahn gegeben. Die Bahn betonte, dass es keinerlei Sicherheitsrisiko gebe, die Schwellen müssten nicht sofort ausgetauscht werden. Den finanziellen Schaden trägt weitgehend die Bahn. Mit dem Betonwerk habe man sich außergerichtlich geeinigt.

Selbst externe Gutachter seien überrascht gewesen über die Geschwindigkeit, mit der die Schwellen jetzt zerbröseln, hieß es bei der Bahn. Als der Defekt Ende der 90er Jahre entdeckt worden war, sei dies ganz anders eingeschätzt worden. Deshalb seien die Schwellen beim Ausbau der Strecke Berlin-Hamburg auf Tempo 230 liegen geblieben. Üblicherweise hält eine Schwelle aus Beton mindestens 30 Jahre.

Seit 2004 hat sich die 90-Minuten-Verbindung zur Paradestrecke entwickelt, die Fahrgastzahlen sind rapide gewachsen. Nun erwartet Jens Wieseke von der Igeb einen „massiven Einbruch“. Der Experte erwartet, dass der Regionalverkehr noch stärker als der Fernverkehr betroffen sein wird. Auch die Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt (Nasa) erfuhr von den Bahnplänen erst durch den Bericht im Tagesspiegel. Nach Angaben von Experten fehlt der eingleisigen Strecke Stendal-Uelzen die Kapazität, auch noch die umgeleiteten ICE-Züge aufzunehmen. Derzeit fährt dort nur ein einziger Fernzug am Tag. Befürchtet wird, dass in diesen drei Monaten weniger Regionalzüge fahren können. „Das darf nicht auf dem Rücken unserer Fahrgäste geschehen“, sagte Nasa-Sprecher Wolfgang Ball. Auch der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) forderte die Bahn auf, detaillierte Pläne zu den Sperrungen möglichst schnell vorzulegen, damit man die Auswirkungen auf den Regionalverkehr einschätzen könne.

Wie berichtet, hat sich die Bahn entschieden, die Schwellen nicht Schritt für Schritt in Nachtarbeit auszuwechseln. Die würde bis zu zwei Jahre dauern und die Fahrgäste mehr belasten.

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