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Ich bin ein BERLINER (20): „Preußen sind wie Osmanen“

Ender Cetin wohnt in Charlottenburg - doch sein Herz schlägt für die Sehitlik-Moschee in Neukölln. Die verbinde Berliner und türkische Traditionen, meint der 36-Jährige. In unserer Serie "Ich bin ein Berliner" erzählt er, was er am Leben in der Hauptstadt schätzt.

Wenn Berlin eine Moschee wäre, gäbe es viele schöne Orte, um zu beten: das Brandenburger Tor zum Beispiel. Da ist viel positive Energie. Hier in der Region merkt man an vielen Orten, dass sich Osmanen und Preußen gar nicht so unähnlich sind. In Potsdam etwa steht so etwas wie eine Moschee, das ist aber ein Wasserwerk. Und im Schloss Charlottenburg waren sogar Muslime als Kammerdiener angestellt.

Ich bin in Neukölln geboren und aufgewachsen. Die Sehitlik-Moschee ist die größte Moschee der Stadt – und natürlich die schönste (lacht).

Warum? Bis zu 2000 Leute passen hier rein und die Architektur ist besonders. Es ist ein Stil, wie er im Osmanischen Reich im 16. und 17. Jahrhundert gebaut worden ist. In den 1960er und 70er Jahren hat man das Gelände entdeckt und beschlossen, dass hier eine Moschee entstehen soll. Der Friedhof stammt noch aus ostpreußischer Zeit, das geht zurück bis 1866. Ein osmanischer Botschafter ist hier nach seinem Tod bestattet worden – und das ist die Verbindung, bis heute.

Die Materialien sind alle aus der Türkei importiert worden, die Kalligraphien hat ein besonderer Meister gemacht. In dem Gebäude soll die Schöpfung widergespiegelt werden, der Prophet Mohammed hat gesagt: Die echte Moschee ist die Natur. Die Farben sind deshalb wie die in der Natur.

In Berlin gehen schnell viele Traditionen verloren, wie in jeder Metropole. Unsere Großeltern, manchmal auch Eltern, sind aus ländlichen Regionen, sie sind sehr traditionsbewusst – wissen aber manchmal gar nicht mehr, woher diese Traditionen kommen. Oder verwechseln diese mit Religion.

Wenn ich einen Berliner in der Türkei treffe, überkommt mich sofort ein Heimatgefühl. Berlin ist besonders wegen all seiner vielen verschiedenen Kulturen – man muss nur seine Augen offen halten, dann kann man viel erleben.

Ender Cetin, 36, Vorstandschef der Sehitlik-Gemeinde: "Man muss die Augen offen halten"
Ender Cetin, 36, Vorstandschef der Sehitlik-Gemeinde: "Man muss die Augen offen halten"

© Röhlig

Vor 50 Jahren - am 26. Juni 1963 - hielt John F. Kennedy seine berühmte Berliner Rede. Hier erzählen 100 Berliner, was ihnen diese Worte bedeuten - und wie sie die Stadt heute erleben. Siemens unterstützt das Tagesspiegel-Projekt. Alle bisher erschienen Videos zu der Serie "Ich bin ein Berliner" finden Sie unter: www.tagesspiegel.de/berliner

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