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Ich bin ein BERLINER (28): „Natürlich Schrippen“

Wenn ich nachts hierherkomme, hat die Stadt ihren ganz eigenen Reiz: die vielen Lichter, die vielen Menschen … Berlin ist auch bei Dunkelheit lebendig. Mein Arbeitstag beginnt um ein Uhr nachts, morgens muss ja alles fertig sein.

Wenn ich nachts hierherkomme, hat die Stadt ihren ganz eigenen Reiz: die vielen Lichter, die vielen Menschen … Berlin ist auch bei Dunkelheit lebendig.

Mein Arbeitstag beginnt um ein Uhr nachts, morgens muss ja alles fertig sein. Von Donnerstag auf Freitag fange ich noch früher an, denn vor dem Wochenende kaufen die Leute noch mehr ein. Was die Berliner am liebsten mögen? Schrippen, keine Frage!

Mein Opa hat 1935 angefangen mit der Bäckerei, aber er ist aus dem Krieg nicht wiedergekommen. Die Bäckerei blieb immer in der Familie. Der Geruch von frischem Brot und Brötchen, der Kuchen, wenn er gerade aus dem Ofen gekommen ist, daran erinnere ich mich gerne.

Früher war an jeder Ecke in Berlin ein Bäcker, der selbst gebacken hat, das ist heute anders. Und der Zusammenhalt war größer: Weihnachten haben sich alle Bäcker aus dem Umkreis getroffen, man kannte sich. Von denen gibt es heute vielleicht noch jeden zehnten, das ist schade. Wir sind eine der letzten Bäckereien, die noch naturbelassen produzieren. In Berlin gibt es immer mehr Backshops, ich finde das furchtbar. ’Stündlich frische Backwaren’ – das geht bei den meisten gar nicht, die haben nicht mal eine eigene Backstube. Ich würde mir von den Menschen wünschen, dass sie mehr darauf achten, was sie wirklich essen.

Hier bei uns in der Bäckerei an der Danziger Straße, nahe dem Bötzowkiez, kommt nichts aus dem Karton, wir machen alles selbst, richtiges Handwerk eben. Die Rohstoffe beziehen wir aus der Region und es kommt nur rein, was wirklich rein muss: Mehl, Hefe, Salz, Wasser … Der Rabbiner hat davon mitbekommen und kam vorbei. Seitdem backen wir für die jüdische Gemeinde in Berlin – und sind die einzige koscher-zertifizierte Bäckerei Deutschlands. Drei Mal die Woche kommt der Rabbiner vorbei, um zu kontrollieren. Sein schwarzes Gewand ist danach immer ganz weiß, vom vielen Mehl (lacht).“

Vor 50 Jahren hielt John F. Kennedy seine berühmte Berliner Rede. Hier erzählen 100 Berliner, was ihnen diese Worte bedeuten – aufgezeichnet von Jana Gioia Baurmann. Siemens unterstützt das Tagesspiegel-Projekt „Ich bin ein Berliner“.

Die Menschen unserer Serie im Video:

www.tagesspiegel.de/berliner

STEFAN KÄDTLER[Bäckermeister aus Prenzlauer Berg], 43[Bäckermeister aus Prenzlauer Berg]

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