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Berlin: Ich bin kein Genie - die Hochzeit zwischen Geist und Pragmatismus

Amerika hat im späten Zwanzigsten Jahrhundert eine der besten Hochzeiten gefeiert: die zwischen Geist und Pragmatismus. Das 21.

Von Caroline Fetscher

Amerika hat im späten Zwanzigsten Jahrhundert eine der besten Hochzeiten gefeiert: die zwischen Geist und Pragmatismus. Das 21. ist ein paar Wochen alt, die Verbindung hält. Gary Smith, Leiter der American Academy in Berlin, präsentiert stolz, welchen Fang aus dieser Verbindung er an Land gezogen hat. Fünfzehn neue fellows hat die Academy jetzt, in dem großzügigen Anwesen am Wannseeufer zeigen sie sich dem Berliner Publikum - wie schon? Geistvoll und pragmatisch. Zwölf von ihnen sollen sich vorstellen, jeder sagen wer er ist, und was er macht. Zwölf Vorträge? Stehparty, Stille, die Sektgläser leer und klebrig vom Festhalten? naja. Aber es ist klasse. Kein fellow langweilt auch nur einen Augenblick. Alle kommen sofort to the point, präsentieren sich rasch, humorvoll, uneitel, wirklich für Andere gedacht anstatt zur Selbstdarstellung. Professionelle Akademiker und Künstler, wie man sie selten trifft. Ein Star unter ihnen, die Künstlerin Jenny Holzer, will sich "hier oft einsperren" um zu schreiben, und spricht kurz über den Kontext von Schrift und Bild in ihren Installationen. James Whitman lehrt in Harvard vergleichendes Recht und amüsiert sich über den Ehrbegriff, der deutsche Politiker umtreibt. Gary Smith hatte von dem Freiraum geschwärmt, den er "Genies" geben könne. "I am not a genius" sagt Whitman als erstes. Henri Cole ist Dichter, lehrte auch mal in Harvard und liest gerade Ovids Metamorphosen. Er fragt sich, ob man als Amerikaner in Deutschland morgens verwandelt aufwacht. Mal sehen. Am 3. Februar kann man ihn in der Academy lesen hören.

Margarita Tupitsyn ist Amerikanerin russischer Herkunft und forscht über El Lissitzky und Kandinsky und bereitet eine Ausstellung zum Bauhaus vor: "Dessau, Chicago, New York". Karen Painter interessiert sich als Musikwissenschaftlerin für den Umschlag von kulturellem Antisemitismus in politischen. Julianne Smith schreibt mit Paul Hockenos - sie nennt ihn: "my partner in crime" - über die Außenpolitik der rot-grünen Regierung. Der Historiker Jeremy King taucht in die Abgründe des Nationalismus, als höflicher Gast konzentriert er sich auf Österreich-Ungarn. Jeder Forscher ist bepackt mit Projekten. Jedes ist spannend. Und die Academy wird bekannter, ihr Publikum wächst.Das Spring Program 2000 (Am Sandwerder 17-19, 14109 Berlin. Telefon 030-804 83-0) enthält knapp zwei Dutzend Einladungen nach "Amerika in Berlin".

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