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Berlin: „Ich gehe auch in Cordhosen auf die Straße“

Er ist der Urenkel des letzten deutschen Kaisers: Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen lebt am Halensee. Die Diskretion des Bezirks mag er besonders.

Die Vorstellung, die viele Leute vom Leben hier haben, dieses Klischee vom reichen Berlin, das ist übertrieben. Ich gehe hier natürlich auch in normalen Cordhosen auf die Straße. Ab und zu fährt zwar mal ein Rolls Royce durch die Koenigsallee. Das finde ich aber nicht schlimm. Diese Leute sind doch irgendwie sozial, immerhin bringen sie Geld unter die Leute und schaffen Arbeitsplätze.

Aber die Gegend war ja immer ein rotes Tuch für viele Menschen, das habe ich schon als Student gemerkt. Das war die Zeit der 68erBewegung, die ich bis zu einem gewissen Punkt auch unterstützt habe. Damals war ich 29 und lebte seit fünf Jahren in diesem Haus, das meine Eltern 1963 gebaut haben. Meine Kindheit hatte ich in einer Villa in Bremen verbracht, nachdem wir aus Westpreußen geflüchtet waren. Eines Tages also erzählte mir unser Hausmeister, dass Studenten auf dem Weg zu einer Demonstration Flaschen und Steine auf unser Haus geworfen hätten. Für diese Aggressivität hatte ich kein Verständnis.

Inzwischen sind die sozialen Schichten ja durchlässiger. Eine großbürgerliche Gegend ist der Bezirk aber trotzdem geblieben, mit ganz eigenem Flair. Schon allein, dass die Grundstücke so weitläufig sind…das schafft eine gewisse Diskretion, die mir sehr angenehm ist. Natürlich kenne ich meine Nachbarn, wir unterhalten uns über den Gartenzaun. Aber wir besuchen uns nicht gegenseitig. Es gibt hier auch kein pulsierendes Straßenleben – die Leute fahren eher mit dem Auto, als dass sie zu Fuß gehen – und nur wenig Kneipen oder Straßencafés.

Ich esse mit meiner Lebensgefährtin aber ohnehin lieber zu Hause. Oft machen wir nur Spaghetti mit Soße aus dem Glas. Und auch sonst führen wir ein ganz normales Leben. Morgens um halb sieben springt unser Hund aufs Bett, weil er raus möchte. Wenn ich dann mit ihm unterwegs bin, stülpe ich mir immer eine Mülltüte über die Hand und sammle seine Häufchen auf; diese Hinterlassenschaften überall in der Stadt sind wirklich ein Ärgernis. Zudem setzt sich Billy auch noch besonders gern vor schöne Villen.

Wir machen auch die meiste Hausarbeit selbst. Seit mein Vater 1994 gestorben ist, haben wir kein Personal mehr. Mir, der ich mit vielen Hausangestellten aufgewachsen bin, ist es einfach angenehmer, allein zu wohnen. Als Prinz von Preußen habe ich natürlich immer noch viele Einladungen, wie neulich zur Wiedereröffnung des Belvedere auf dem Pfingstberg in Potsdam. Im Grunde laden wir uns aber lieber selber Gäste ein.

Alles in allem führen wir bewusst ein eher zurückgezogenes Leben – in der Stadt und zugleich mitten im Grünen, mit Füchsen, Eichhörnchen und Reihern. Das Haus liegt direkt am Halensee mit seinen wunderschönen Seerosen. Abends setze ich mich mit meiner Lebensgefährtin Sibylle Kretschmer dann auf die Terrasse, oder wir lassen uns an unseren nebeneinander stehenden Schreibtischen am offenen Fenster nieder, trinken ein Glas Wein und arbeiten an unseren Projekten. Aufgezeichnet von Anne Seith

Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen ist Mitherausgeber von „So lange wir zu zweit sind. Friedrich der Große und Wilhelmine Gräfin von Bayreuth in Briefen“, Langen Müller-Verlag 2003, 24,90 Euro.

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