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Berlin: „Ich glaube keinem hier ein Wort“

Aus Kannibalismus-Fantasien in einem Internet-Forum wurde beim Mord von Neukölln tödlicher Ernst

„An die Freunde“ heißt ein Musikstück, dass der ermordete Joe R. komponiert hatte; die Noten sind im Internet archiviert. Das war 1996, damals wohnte der Musiklehrer in einer kleinen Seitenstraße im bürgerlichen Friedenau. Seinen Mörder fand Joe R. im weltweiten Computer-Netz, dem Internet. Am 14. September, mittags um 12 Uhr hatte Ralf M. in einem Homosexuellen-Forum eine Annonce aufgegeben: „Suche Mann um die 30, schlank, der sich als Festbraten zur Verfügung stellt. Mail an E-mail Adr. mit Bild.“ Ralf M. verbarg sich in diesem Forum hinter dem Decknamen „Metzger30“; seine E-Mail-Adresse lautet „metzgay@…“ Gay heißt auf englisch schwul. Für Internet-Laien ist dieses Forum kaum zu finden, die Inhalte dort sind dermaßen obszön und abartig, dass hier Weiteres nicht wiederzugeben ist. Ein Beitrag im Forum von gestern allerdings lautet: „Ich glaube keinem angeblichen Kannibalen hier auch nur ein Wort.“

Ralf M. hat das Gegenteil bewiesen. Vor zwei Wochen antwortete „ein Mann um die 30“ auf die Annonce, schickte eine Mail an den 41-Jährigen Neuköllner. Zweimal trafen sich die beiden Männer danach zu sadomasochistischem Sex. Das dritte Treffen in der Neubauwohnung in der Kopfstraße überlebte Joe R. nicht. Mit einem Schraubenzieher erstach der arbeitslose Maler am Montag den Lehrer. Danach zerlegte er die Leiche teilweise, ein Stück bewahrte er im Kühlschrank auf.

„Er hat die Fantasie ,Kannibalismus‘ seit Jahren gehabt – seit dem Fall von Rotenburg“, sagte ein Ermittler nach der Vernehmung des Mannes. In dem hessischen Dorf war vor zwei Jahren seit Jahrzehnten der erste Fall von Kannibalismus aus sexuellen Motiven bekannt geworden, Opfer war damals ein Berliner Ingenieur, der der Tötung zugestimmt hatte. Daraufhin wurde der Berliner Ralf M. zum Mörder. Einen Tag nach seiner Tat stellte er sich am Dienstag der Polizei und gestand.

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