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Didi Hallervorden will die Kultur nicht dem Virus Opfern. Das Schlosspark Theater soll auf jeden Fall offen bleiben – aber auch hier gelten strenge Regeln.

© imago images/Stefan Zeitz

„Ich lasse mich von Viren nicht verwirren“: Didi Hallervorden stellt neuen Spielplan für das Schlosspark Theater vor

Der Komiker gibt zu seinem 85. Geburtstag Gott. Er kündigt außerdem an, die Spielstätte in der Coronakrise notfalls mit eigenem Geld retten zu wollen.

Bekanntlich hat Gott in nur sechs Tagen die Welt erschaffen und am siebten Tage geruht. Das lässt die Frage offen: Womit hat er sich am achten beschäftigt und an allen Tagen danach? Däumchen gedreht? Der göttlichen Langeweile gefrönt? Nicht mit ihm!

Eine theologisch diffizile Frage, hier nicht zu beantworten, aber zugleich ein Problem von einigem komödiantischen Potenzial, jedenfalls wenn es einer wie der französische Humorspezialist Jean-Louis Fournier durchdenkt und zu einem Theaterstück formt.

Erst recht, wenn dies danach ein Bruder im Geiste wie Dieter Hallervorden in die Finger bekommt und übersetzt, mit Co-Autoren wie Arnulf Rating und Frank Lüdecke zuspitzt und in seinem Schlosspark Theater auf die Bühne bringt, mit sich selbst in keiner geringeren Rolle als – Gott.

Zum 85. Geburtstag offiziell der Allmächtige sein – geht noch mehr? Denn an diesem Sonnabend hat „Gottes Lebenslauf“ als deutsche Erstaufführung Premiere, mit Peter Bause als Personalchef eines großen Unternehmens, bei dem sich Gott – irgendwas muss doch auch er tun – um Anstellung bemüht.

Auch an der Steglitzer Schloßstraße hat Corona die Pläne durcheinandergewirbelt und Inszenierungen, die ihr Publikum längst hätten finden sollen, um Monate ins Jahr hinein verschoben. Hallervorden ficht das nicht an, schließlich sei er Optimist.

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„Ich lasse mich von Viren nicht verwirren“ – ein Satz, der die Dreiviertelstunde am besten zusammenfasst, in der Hallervorden, von einer guten Handvoll seiner Mitstreiter unterstützt, am Montag den Spielplan der neuen, der bereits zwölften Spielzeit unter seiner Ägide vorstellte.

„Am billigsten kommste weg, wenn du das Theater zu lässt“

Ein Optimismus, der bewundernswert ist und sogar Schlussapplaus erhielt – nicht üblich bei Pressekonferenzen. Denn nur 105 der 473 Plätze dürfen coronabedingt angeboten werden, weitere rund 50 Plätze werden von Puppen eingenommen, auf dass das Publikum sich nicht allzu verloren fühle.

„Am billigsten kommste weg, wenn du das Theater zu lässt“, höre er immer wieder, erzählte Hallervorden, aber das komme für ihn nicht in Frage. Schließlich sei das Erhalten von Kultur für ein Volk von großer Bedeutung, und ein geschlossenes Haus käme ihm wie Verrat an den eigenen Idealen und seiner so oft beteuerten Liebe zum Theater vor. Notfalls will er aus eigener Kasse unterstützen. „Wir werden dieses Theater nicht untergehen lassen.“

Aber dem Virus ist dennoch Tribut zu leisten, mit Beschränkung der Plätze eben und einem vom Senat genehmigten Hygiene- und Schutzkonzept. Am Tag vor dem ersten Auftritt werde jeder Mitwirkende getestet, nach sechs Stunden habe man das Ergebnis – nach drei bis fünf Tagen werde dies wiederholt, je nach Anraten des Testinstituts.

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Ein ursprünglich geplantes Stück mit 14 Personen auf der Bühne musste dennoch entfallen, statt dessen gibt es Komödiantisches in kleiner Besetzung, darunter zwei deutsche Erstaufführungen, eine Uraufführung und insgesamt fünf neue Produktionen.

Wusste sie wirklich nichts von den NS-Verbrechen?

So die im Oktober startende deutschsprachige Erstaufführung „Ein deutsches Leben“, ein Einpersonenstück mit Brigitte Grothum als Brunhilde Pomsel, der Sekretärin von Goebbels. Grundlage des Stücks von Christopher Hampton ist ein Interview, das die 1911 geborene Berlinerin mit 102 Jahren gab – das Stück sei „zwischendurch lustig, aber auch furchtbar“, wie Brigitte Grothum es umschrieb.

Man frage sich, ob sie lüge, verdränge oder wirklich nichts von den Verbrechen der NS-Zeit gewusst habe. „Wie viel Pomsel ist in uns allen?“ – das ist für die Schauspielerin die Frage, um die es in dem Stück gehe.

Noch etwas warten muss man auf das Zwei-Personen-Stück „Zwei wie Bonnie & Clyde“ mit Susan Sideropoulos und Jan Sosniok, über ein Pärchen, die so gerne große Verbrecher wären und doch stets an Kleinigkeiten scheitern – ein Projekt, das längst hätte über die Bühne gehen sollen. Aber besser spät als gar nicht.

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