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Berlin: „Ich spiele mit Tönen“

Der Musicaldrache „Tabaluga“ bringt in Peter Maffay besondere Saiten zum Klingen. Seine eigene Kindheit war unbeschwert, jetzt wünscht sich der 53–Jährige Nachwuchs

Das Motto Ihres Kindermusicals „Tabaluga“ haben Sie bei Erich Kästner entliehen: Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch. Wie viel Kind steckt in dem heute 53jährigen Peter Maffay?

Das lässt sich schwer quantifizieren. Vielleicht bis zur Halskrause? Einiges wird es sein – sonst würde ich solche Sachen nicht machen. Sonst würde ich überhaupt diesen Beruf als Musiker nicht machen. Der ist ja auch ziemlich kindlich.

Inwiefern?

Ich spiele mit Tönen. Das ist immer noch ein großes Abenteuer für mich, ein dauerndes Experiment.

Ihre Figur Tabaluga verkörpert Eigenschaften wie Neugierde, Offenheit. Sind das Werte, die Ihnen auch als Erwachsener noch wichtig sind?

Ja, sonst hätte ich mich an der Erschaffung der Figur nicht maßgeblich beteiligt. Tabaluga bringt in mir Saiten zum Klingen, die sonst nicht so leicht klingen würden.

Ihre aktuelle Geschichte handelt von der Sehnsucht nach Glück, nach Geborgenheit. Ist das auch Ihre persönliche Sehnsucht?

Natürlich. Das hört auch nie auf. Auch wenn ich mit einem Menschen Geborgenheit erfahre, beschäftigt mich immer die Frage: Wie dauerhaft ist das?

Sie leben seit 30 Jahren ein recht ruheloses Leben. Treibt Sie, wie Tabaluga, die Sehnsucht nach Heimat um?

Nein, ich habe eine Heimat: In mir drin. Das ist die beste Heimat, die man haben kann. Denn, wenn man seine Heimat nicht in sich hat, hat man sie nirgendwo.

Sie zeigen großes Engagement für Kinder. Aus einer früheren Ehe haben Sie eine heute erwachsene Tochter. Hätten Sie gerne weitere eigene Kinder?

Ja, schon. Ich hätte nichts dagegen, die Kinderschar noch zu vergrößern. Meine Freundin und ich unternehmen schon ernste Versuche. Aber ich bin trotzdem nicht der Meinung, dass dieser letzte Beweis dringend nötig ist. Es gibt so viele Millionen Kinder auf der Welt, die Hilfe brauchen. Da wird man ja ohnmächtig, wenn man drüber nachdenkt, wie viele Kinder unter nicht lebenswerten Umständen aufwachsen müssen.

Sie sind als 14-Jähriger mit Ihren Eltern von Rumänien nach Deutschland geflüchtet. Wie war Ihre eigene Kindheit?

Ich hatte trotz allem eine ziemlich glückliche Jugend. Ich sah immer aus wie diese Figur hier auf unserem Plakat…

…das fröhliche Dreckschwein, meinen Sie?

Ja. Ich habe immer draußen gespielt, mich ausgetobt. Das war eine weitgehend unbeschwerte Kindheit. Dieses Spielerische habe ich mir bis heute erhalten.

Als Sie Tabaluga erfanden, waren Sie Anfang 30. Jetzt sind Sie 53. Hilft der Drache gegen schnelles Altern?

Es ist ein enormer Input an junger Energie, mich mit diesem Kerl zu beschäftigen. Aber das ist beim Musikmachen generell so: Das hält auch jung. Man bekommt ständig neue Inspirationen, neue Impulse. Das hat mich über all die Jahre beweglich gehalten, bei all den Metamorphosen, die ich durchgemacht habe.

Apropos Metamorphosen: Sie haben sich eine zeitlang stark von Schlager-Frühwerken wie „Du“ abgegrenzt. Inzwischen spielen Sie den Song wieder. Haben Sie sich mit Ihren Jugendsünden versöhnt?

Ja. Diese Polarisierung von vor 15, 20 Jahren ist vorbei. Diese Images, die von mir existierten, sind verblasst. Deswegen habe ich wieder ein offenes Ohr für meine Vergangenheit. Und ich kann wieder entdecken, dass Lieder wie „Du“ auch noch eine andere Bedeutung haben als die, die man ihm als einfaches, triviales Liebeslied lange gegeben hat.

Welche?

Das war ja auch ein Lied, bei dem sich Leute in den Arm gefallen sind, zueinander gefunden haben. Das ist doch schön. Außerdem gehört das Lied nun mal zu mir, ich muss es weiterhin vertreten. Auch wenn ich heute manchmal darüber lächeln muss. Als Musiker kommt man eben manchmal einfach in die Nähe von künstlerischer Prostitution.

Das Gespräch führte Lars von Törne

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