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Berlin: „Ich will die Wissenschaft fördern“ Wirtschaftssenator Wolf ist

für neue Subventionsregeln

Berlin braucht Wirtschaftsansiedlungen und Investitionen. Dafür gibt es EUMittel und Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Warum wurden letztes Jahr allein 85,5 Millionen Euro dieser GA-Fördermittel für Unternehmens- und Infrastrukturförderung nicht abgerufen?

Bei der Förderung von Unternehmens-Investitionen hängt das mit der schlechten Konjunktur zusammen. Investitionen wurden aufgeschoben und Fördermittel daher nicht in Anspruch genommen. Bei der Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur, zum Beispiel Straßen, gab es häufig zu geringe Baufortschritte bei Projekten, so dass die Mittel nicht zeitnah abgerufen wurden. Das mag auch mit der Unsicherheit in den Bezirksämtern wegen der Haushaltssperre zusammenhängen.

Warum können Sie die Fördermittel nicht für andere Bereiche wie zum Beispiel Wissenschaft verwenden?

Das passt nicht immer zu den Rahmen-Richtlinien, an die Berlin gebunden ist. Ich möchte zum Beispiel sehr gerne den Wissenschaftsbereich stärker unterstützen. Aber wir können mit GA-Mitteln keine Universitäten oder Schulen fördern. Ich plädiere deshalb für eine Änderung der Bestimmungen hin zu einer stärkeren Förderung der Wissensgesellschaft. Wir haben leider immer noch einen Förderbegriff, der sich nur an dem Begriff der körperlichen und schweißtreibenden Arbeit orientiert.

Sie könnten doch den Begriff „wirtschaftsnahe Infrastruktur" etwas weiter auslegen, oder?

Da will ich gern Phantasie walten lassen. Wir haben zum Beispiel jetzt entschieden, den Tourismus grundsätzlich förderfähig zu machen. Aber noch gibt es da enge Grenzen durch Richtlinien der EU und des Bundes.

Stimmen Sie Finanzsenator Sarrazin zu, der die These vertritt, dass Berlins Infrastruktur ausreichend ist?

So pauschal sagt Herr Sarrazin das nicht. Es gab sicherlich in der Vergangenheit überdimensionierte Investitionen aufgrund überzogener Erwartungen in die Entwicklung Berlins, die heute viel Geld für den Unterhalt verschlingen. Ich denke zum Beispiel an die Olympiahallen. Auch Gewerbehöfe haben wir erst einmal genug. Aber für die Infrastruktur der Wissensgesellschaft, für Schulen, wissenschaftliche Einrichtungen oder für den Unterhalt der Infrastruktur wie zum Beispiel das Straßennetz könnte mehr getan werden.

Es gibt noch ein anderes grundsätzliches Problem: die Investitionsschwäche der Berliner Wirtschaft. Wann kommen denn endlich bessere Zeiten?

Wir haben noch keine Verbesserung der Konjunktur, und die entscheidenden Signale dafür müssen von der nationalen und internationalen Wirtschaft kommen. Was wir tun können, packen wir an: Das ist die Entbürokratisierung der Verwaltung und das Abschaffen überflüssiger Vorschriften. Eine entsprechende Vorlage aus meinem Haus wird gerade mit den anderen Senatsverwaltungen abgestimmt.

Was soll entbürokratisiert werden?

Bei den Baugenehmigungen wollen wir weg von der Genehmigungspflicht und hin zur Anzeigepflicht. Wo immer möglich, soll das Genehmigungsverfahren durch eine einfache Anzeige bei der Baubehörde ersetzt werden. Das Risiko, Gesetze und Sicherheitsvorschriften einzuhalten, läge dann beim Bauherrn. Oder die Straßen-Sondernutzung: Hier wollen wir eine weitgehende Liberalisierung und die Umkehrung der Verhältnisse von der Genehmigungsprozedur zum einfachen Anzeigeverfahren.

Ein PDS-Senator will als Deregulierungssenator in die Stadtgeschichte eingehen?

Ich habe mich immer gegen das Missverständnis gewehrt, dass es besonders sozialistisch sei, wenn man viel Bürokratie und Verwaltungsaufwand betreibt.

Sie haben ein Kreditprogramm für Kleinunternehmer angekündigt. Wer bekommt Kredite?

Mit Datum 1. April ist ein neues Mikrokreditprogramm für Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit in Kraft getreten, das auch für beschäftigungsorientierte Genossenschaften gilt. Mit diesem Programm, das über die Investitionsbank Berlin läuft, flankieren wir Maßnahmen der Arbeitsämter.

Das Gespräch führten Sabine Beikler und Alfons Frese.

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