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Berlin: „Ich wollte mal was riskieren“

Der Maler Jim Avignon über seinen Abschied aus Berlin und den Neuanfang in New York. Am 10. Juni kommt er zu einer Party zurück

Herr Avignon, was knistert denn da so in der Telefonleitung?

Wir haben im Moment ein Unwetter über New York, das beeinträchtigt den Empfang.

Wo erwischen wir Sie gerade?

Ich bin hier in einer WG in Williamsburg gelandet, ein bisschen der Prenzlauer Berg von Brooklyn, mit Cafés, Boutiquen, Studenten, Künstlern. Nachdem ich ein Jahr lang immer mal wieder zu Besuch hier war, bin ich jetzt so richtig angekommen. Ich treffe Bekannte auf der Straße, organisiere Sachen. Letzte Woche hatte ich ein größeres Event mit vier Bands und DJs.

Das klingt nach einem erfolgreichen Neuanfang.

Ja, ein Neuanfang ist es schon. Für viele Leute hier ist das was ganz Neues, was ich mache, diese Kombination aus Musik und Malerei. Mir gefällt es, als Person noch nicht so etabliert zu sein. Ich bin bislang eher so eine Art Phantom, tauche auf und verschwinde. Den Zustand des Nichtfestgelegtseins will ich mir möglichst lange erhalten: Methode Guerilla-Taktik, mal einen Tag hier, einen Tag dort in verschiedenen Szenen mitspielen, aber sich nicht gleich festlegen.

„Let’s go where the action is“ singen Sie auf Ihrer neuen CD. Ist das der Soundtrack zum Abschied von Berlin und dem Neuanfang in New York?

Der Satz stammt von einer betrunkenen französischen Bekannten, mit der ich auf einer Vernissage in Berlin rumstand, und sie sagte plötzlich ,Let’s go where the action is’. Wir haben dann lange überlegt, wo das sein könnte in Berlin. Das fasst es schon zusammen, warum ich aus Berlin weg bin. Ich war dort zum Schluss nicht mehr so enthusiastisch. Überall gibt’s die große gepflegte Langeweile und ein Gefühl, alles schon zu kennen. Also habe ich mich auf die Reise gemacht und ein paar neue Aufregungen im Leben gesucht. Ich wollte mal was riskieren.

Von der Sehnsucht nach einem Neuanfang scheinen auch andere Songs auf der CD zu handeln.

Bei den Songs geht’s eher um das Verschwinden als um den Neuanfang. Das, wofür ich stehe, das Improvisierte, Chaotische verschwindet aus Berlin und ich verschwinde eben mit. Ich bin irgendwann zu so einem Berlin-Souvenir geworden, aber ich fühlte mich in dieser Nische nicht so wohl. Hier in New York ist alles neu und meine Musik und mein Stil sind noch unbekannt. Im Moment gefällt’s mir hier sehr. Wahrscheinlich hätte es auch noch ewig so weitergehen können in Berlin. Aber ich war an dem Punkt, wo ich mir den Stadtplan angeschaut habe und dachte: Kaum ein Ort, an dem ich noch nicht was gemacht habe, und kaum eine Sache, die ich noch nicht gemacht habe. Da war mir schon klar: Ich muss jetzt mal weg.

Das Gespräch führte Lars von Törne

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