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Iglu-Studie: Jeder vierte Grundschüler ist im Lesen schwach

Berlins Grundschüler sind unzureichend für ihre weitere Schullaufbahn gerüstet: Jeder vierte Zehnjährige liest so schlecht, dass ein erfolgreicher Besuch der weiterführenden Schule infrage steht. Das belegt die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu), die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Berlins Grundschüler sind unzureichend für ihre weitere Schullaufbahn gerüstet: Jeder vierte Zehnjährige liest so schlecht, dass ein erfolgreicher Besuch der weiterführenden Schule infrage steht. Das belegt die Internationale Grundschul-Lese- Untersuchung (Iglu), die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach gehört Berlin in fast allen untersuchten Kompetenzen zu den bundesdeutschen Schlusslichtern. Die Opposition forderte als Konsequenz eine frühere und verstärkte Sprachförderung.

Auch bei den Spitzenschülern steht Berlin nicht gut da: Nur drei Bundesländer – Hessen, Hamburg und Bremen – haben noch weniger Schüler, die auf dem obersten Niveau lesen. In Zahlen: In Berlin lesen 8,6 Prozent der Schüler sehr gut, in Bayern hingegen fast doppelt so viele. Dagegen gibt es in Bayern nur neun Prozent Risikoschüler, also schlechte Leser, während es in Berlin 25 Prozent sind. Nur Staaten wie Polen, Island und Georgien stehen noch schlechter da.

Schlusslicht ist Berlin auch bei der Kompensation der sozialen Herkunft. In keinem anderen Bundesland ist die Leistung der Kinder so stark vom Bildungsstand der Eltern abhängig. Nur Rumänien ist in diesem Punkt gleichauf. Dieses und auch die große Gruppe der schlechten Leser sei „nicht zu akzeptieren“, sagte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung der Ergebnisse. Er kündigte für den Beginn des kommenden Jahres ein „Maßnahmenpaket“ an. Es müsse vor allem darum gehen, die vorhandenen Möglichkeiten, die es bereits gebe, besser zu nutzen.

Einen Ansatzpunkt sieht der Senator in verstärkten schulinternen Vergleichsarbeiten. Zudem müsse überprüft werden, wie sich die vorhandenen 1300 Stellen für die Sprach- und Strukturförderung effizienter einsetzen ließen. Darüberhinaus setzt Zöllner auf die Schulleitungen. Damit sie sich mehr auf die Qualitätsverbesserung konzentrieren können, erwägt er, die Konrektoren bei ihrer Unterrichtsverpflichtung zu entlasten.

Einen Grund für das schlechte Abschneiden Berlins sieht Zöllner ebenso wie die Iglu-Forscher in der hohen Migrantenquote. Sie ist in keinem anderen Bundesland so hoch wie in Berlin: Unter den 625 Berliner Grundschülern, die in Berlin getestet wurden, hatten fast 50 Prozent einen Migrationshintergrund. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Stichprobe nicht ganz repräsentativ war – laut Mikrozensus haben nur 44 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe einen Migrationshintergrund – liegt Berlin bundesweit hier an der Spitze. Zudem hat Berlin den weitaus größten Prozentsatz von Kindern türkischer Herkunft, die zu einem überdurchschnittlich großen Teil aus bildungsfernen Elternhäusern kommen.

Nicht alle Reformen, die bisher gestartet wurden, um die Sprachkompetenz zu verbessern, konnten sich bereits auswirken. Die aktuellen Iglu-Kinder profitierten nur von einer zusätzlichen Deutschstunde, die nach dem Pisa- Schock verordnet worden war, sowie vom Ausbau des Fachs „Deutsch als Zweitsprache“. Noch nicht greifen konnten die verpflichtenden Deutschkurse für Vorschüler und das kostenlose letzte Kitajahr.

Dasselbe gilt für das große Lesepatenprogramm des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Die Leiterin des Programms, die ehemalige Schulsenatorin Sybille Volkholz, hofft aber, dass der Einsatz der über 1500 Lesepaten bei der nächsten Iglu-Untersuchung Erfolge zeigen wird.

Bildungspolitiker Özcan Mutlu (Grüne) mahnte an, die bürokratischen Hürden beim Zugang zu den Kindertagesstätten zu senken. Vor allem den bildungsfernen Familien müsse es leichter gemacht werden, einen Ganztagsplatz in der Kita zu bekommen. Derzeit müssten diese Eltern „seitenlange Formulare“ ausfüllen, was sie überfordere.

Die FDP erneuerte ihre Forderung nach einer verpflichtenden Startklasse vor der Einschulung – die auch Zöllner vorschwebt –, denn „offensichtlich“ schafften es die Kitas nicht, die Kinder optimal auf die Schule vorzubereiten, sagte die FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben. Sascha Steuer von der CDU schlug vor, dass Kinder ohne Sprachkompetenz nicht eingeschult werden dürften. Notwendig sei zudem, die Unterrichtsqualität zu verbessern, um Chancengerechtigkeit zu gewährleisten.

Der Landesschulbeirat mahnte den konsequenten Ausbau von verpflichtenden Ganztagsgrundschulen mit guter Ausstattung an. Zudem müsse die Elternarbeit verstärkt werden.

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